07.04.2016

Qualität vor Quantität

Suffizienz ist neben Effizienz und Konsistenz einer der Grundpfeiler einer nachhaltigen Entwicklung. Mit ihrer Nähe zur Bevölkerung haben Städte und Gemeinden viele Möglichkeiten, zukunftsfähige Lebensstile zu fördern. Sie reduzieren damit nicht nur den Ressourcenverbrauch, sondern stärken gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt.

Technischer Fortschritt und Innovationen sind für eine ressourcenschonende und klimaverträgliche Wirtschaft und Gesellschaft zentral. Doch vielfach macht Mehrkonsum die Effizienzgewinne gleich wieder wett. Um den Energie- und Ressourcenverbrauch auf ein langfristig verträgliches Mass zu reduzieren, reichen deshalb Effizienz und der Umstieg auf erneuerbare Ressourcen nicht aus. Es braucht einen geeigneten Rahmen für Verhaltensänderungen, die zu einem geringeren Verbrauch von Energie, Ressourcen und Gütern führen: Es braucht Suffizienz.

Der Begriff mag noch ungewohnt sein, doch Suffizienz ist nichts Neues. Seit mehr als 20 Jahren zielen Konzepte für eine nachhaltige Entwicklung auf Suffizienz. Das gilt auch für die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft, die sich immer mehr Städte und Gemeinden auf die Fahne geschrieben haben. Solche Visionen sind wichtig, damit Entscheidungen im Gemeindealltag auf ein politisch legitimiertes, langfristiges Ziel ausgerichtet werden können. 

Suffizienz hat das Potenzial, den Ressourcenverbrauch zu senken und gleichzeitig die Lebensqualität zu steigern. Funktionierende, gut durchmischte Quartiere mit attraktiven Begegnungsräumen; Repair-Cafés, wo lokale Experten der Bevölkerung mit Rat und Tat zur Seite stehen; Sharingprojekte, die zum Ziel haben, selten gebrauchte Gegenstände zu teilen oder voneinander auszuleihen – diese Beispiele sind mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein. Sie wirken sich mehrfach positiv aus: auf den sozialen Austausch, auf die Schonung von Ressourcen und auf eine grundlegende Verhaltensänderung, die auch auf andere Lebensbereiche ausstrahlt.

Zersiedelung oder das Primat der motorisierten Mobilität sind heute vielerorts politisch legitimierte Rahmenbedingungen, die Suffizienz behindern. Wenn Gemeinden bei ihrer Siedlungsentwicklung auf Verdichtung nach Innen und auf attraktive Zentren setzen, können sie viel erreichen. Kurze Wege zwischen Wohnen, Einkaufen,  Arbeiten und Freizeitangeboten wie auch gute Bedingungen für den Langsamverkehr ermöglichen Suffizienz ohne Verzicht. 

Gemeinden können aber auch ihren eigenen Verwaltungsbetrieb durchleuchten und Suffizienz vorleben. Sie können beispielsweise den Verwaltungsmitarbeitenden Elektrovelos zur Verfügung stellen, um die Fahrzeugflotte klein zu halten, oder sie können gemeindeeigenen Festivitäten ein Nachhaltigkeitskonzept zugrunde legen . Und schliesslich können Gemeinden die zahlreichen Initiativen von lokalen Vereinen oder Gruppierungen aktiv fördern, indem sie bestehende Infrastrukturen zur Verfügung stellen, Kommunikationsmöglichkeiten anbieten und finanzielle Unterstützungen leisten. Das freiwillige Engagement der Bevölkerung und dessen Wertschätzung sind bei Bottom-up-Projekten zentral. 

Die aktuelle Ausgabe von «Thema Umwelt» beleuchtet die Chancen und die Möglichkeiten einer ressourcenschonenden und klimaverträglichen Gemeindeentwicklung.  Anhand konkreter Beispiele zeigt sie auf, wie Suffizienzprojekte den Ressourcenverbrauch senken und gleichzeitig sozialen Austausch und Identifikation steigern können. 

«Thema Umwelt» 1/2016 kann für CHF 15.– plus Porto bezogen werden bei Pusch, Hottingerstrasse 4, Postfach 211, 8024 Zürich, 044 267 44 11, mail[at]pusch.ch, www.pusch.ch/themaumwelt. Das Jahresabonnement (4 Ausgaben) kostet CHF 50.–.