Gemeinde
Biodiversität
Praxisbeispiel

Biodiversität fördern und darüber sprechen

Remo Bräuchi
Menschen besuchen eine Führung des Naturpfads in Horw.

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4 Minuten Lesezeit

Biodiversität

Praxisbeispiel

In der Bevölkerung steckt grosses Potenzial. Die Luzerner Gemeinde Horw nutzt nicht nur den eigenen Spielraum zur Förderung der Natur im Siedlungsraum. Sie versteht sich auch als Vorbild und setzt auf vielfältige Öffentlichkeitsarbeit, um für privates Engagement zu motivieren.

«Horw startet eine Blumenoffensive», lautete am 25. März die Überschrift in der Luzerner Zeitung – und sie bringt es auf den Punkt. Massgeblich verantwortlich für die genannte Offensive ist Silas Wobmann, Stv. Leiter Tiefbau in der Gemeinde Horw. Wobmann kam 2019 mit einer Vision in die Gemeinde: blühendes Verkehrsbegleitgrün. Alle relevanten Grünflächen im Strassenraum sollten konsequent zu artenreichen Blumenwiesen werden – in der Luzerner Seegemeinde sind das gut 8000 Quadratmeter.

Die Idee stiess auf offene Ohren. Den Anfang machten diesen Frühling stark frequentierte Orte. «Die Bevölkerung soll so bald wie möglich von der Aufwertung profitieren», sagt Wobmann. Das Projekt dauert bis 2024. Warum das gut ist für die Artenvielfalt und welche Rolle Vernetzung und Mikroklima dabei spielen, wissen auch die Horwer:innen. «Wir wollen nicht nur selber umsetzen, sondern auch die Bevölkerung überzeugen», so Wobmann. «Deshalb ist Kommunikation so wichtig.» Und die Bevölkerung hört zu. Die Wildblumenmischungen für den eigenen Garten, welche die Gemeinde dieses Jahr im Frühling kostenlos angeboten hat, gingen sehr gut weg.

Informieren, motivieren, inspirieren  

Den hohen Stellenwert von Öffentlichkeitsarbeit bestätigt Gwen Bessire, Leiterin des Natur- und Umweltschutzes: «Wir wollen informieren, motivieren und inspirieren.» Die Umweltschutzstelle setzt dabei auf eine breite Palette von Aktionen und Kanälen. Beliebt sind jährliche Anlässe wie die Bestellung von kostenlosen Wildsträuchern oder die Velobörse. Die eingespielten Prozesse verursachen inzwischen einen überschaubaren Aufwand. Ein eigener Info-Stand am Dorfmarkt oder die Organisation von Veranstaltungen und Führungen brauchen mehr Zeit, lohnen sich aber gemäss Bessire immer: «Der direkte Austausch mit den Menschen motiviert. Wir möchten einen Dialog.»

«Wir wollen informieren, motivieren und inspirieren.»

Gwen Bessire, Leiterin des Natur- und Umweltschutz, Horw (LU)

Sie ist interessiert an Ideen und Vorschlägen aus der Bevölkerung und offen für flexible Lösungen. «Es muss nicht immer für die Ewigkeit sein», sagt Bessire dazu. Ein Beispiel ist der öffentliche Modellgarten, der auf die Initiative des Natur- und Vogelschutzvereins auf einem Stück Land steht, das die Gemeinde befristet zur Verfügung stellt. Er zeigt anschaulich, wie ein naturnaher Garten aussehen kann. Irgendwann wird man eine neue Lösung suchen müssen. Bis dahin aber macht ein grosses Schild an bester Lage Werbung für die Biodiversität – kostenlose Gartenberatung inklusive.

Wandeln auf dem Naturpfad  

Bessire unterscheidet in ihrer Arbeit zwischen eigenen Aktionen und solchen, die sie gemeinsam mit Partnern organisiert: «Kooperationen vergrössern die Reichweite, stärken die Sichtbarkeit und mindern den Aufwand.» Auch Neues wird gern ausprobiert. Zum Beispiel gestaltete Horw vergangenes Jahr mit der Stiftung Pusch einen eigenen Naturpfad in der gleichnamigen App. Der Naturpfad schärft den Blick für die Lebensräume im Siedlungsgebiet und macht Biodiversität spielerisch erlebbar. Diesen Herbst beteiligt sich Horw an einem Pilotprojekt, das die Bevölkerung für nachhaltige Mobilität sensibilisiert und mit attraktiven Angeboten die kurzen Wege im Dorfzentrum in den Blick rückt. Den Erfolg von Aktionen misst Gwen Bessire nicht zwingend an der Anzahl Teilnehmenden: «Die Wirkung von Kommunikation lässt sich schlecht quantifizieren, aber das darf kein Grund sein, nicht zu kommunizieren.» Man müsse immer auch das grosse Ganze im Blick haben. «Jeder Anlass, jedes Gespräch kann beim Gegenüber eine Verhaltensänderung auslösen.» «Man muss dranbleiben, wenn man überzeugen will», sagt auch Silas Wobmann. Die Blumenoffensive habe sicher einen Nerv getroffen, weil im Zusammenhang mit den Klimadiskussionen Umweltthemen generell auf grösseres Interesse stossen. «Aber es gibt noch viel zu tun.»

Der Artikel ist im «Thema Umwelt» 3/2021 erschienen.


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