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Blumenwiesen anlegen – ein Kinderspiel?

Frédéric Sanchez
Ein Mann walzt auf einer frisch angesäten Fläche Blumensamen an.

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7 Minuten Lesezeit

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Ästhetisch, naturnah und pflegeleicht – Blumenwiesen erfreuen sich in Gärten grosser Beliebtheit. Zum Glück kann jede:r eine Blumenwiese anlegen. Wer dabei einige Regeln beachtet, wird mit einer schönen Blütenvielfalt belohnt. Was braucht es, damit die aufgewertete Fläche auch tatsächlich die Biodiversität fördert? Und wie vermeidet man unliebsame Überraschungen?

Während naturnahe Blumenwiesen vor über einem Jahrhundert noch weit verbreitet waren, sind sie heute durch die stark intensivierte landwirtschaftliche Nutzung, Urbanisierung und die Aufgabe der Bewirtschaftung im Berggebiet bedroht. Blumenwiesen sind jedoch unschätzbar wertvoll für die Biodiversität: Sie beherbergen über die Hälfte der pflanzlichen Artenvielfalt der Schweiz und bieten zahlreichen Kleintieren Unterschlupf und Nahrung. Eine eigene Blumenwiese anzulegen und zu pflegen, trägt dazu bei, dieses über Jahrhunderte gewachsene Erbe zu erhalten. 

Was ist eine Blumenwiese? 

Natürliche Blumenwiesen sind eng mit der Präsenz des Menschen und der Landwirtschaft (Futterproduktion) verbunden. Sie bestehen aus Gräsern und Wildblumen, hauptsächlich aus mehrjährigen Pflanzen. Einjährige Blumen wie Mohn und Kornblumen – seien sie noch so schön – sind nicht geeignet, da sie nicht dauerhaft in einer permanenten Wiese überleben können und regelmässig erneuert werden müssen. Blumenwiesen bestehen je nach lokalen Bedingungen aus einer spezifischen Artenzusammensetzung. Typischerweise trifft man in einer Blumenwiese auf Arten wie Wiesensalbei, Wiesenmargeriten oder verschiedene Arten von Flockenblumen. 

Schwebfliege fliegt auf eine Flockenblume zu

Die Wiesenflockenblume ist vor allem auf Flächen zu finden, die schon seit mindestens fünf Jahren als Blumenwiese genutzt werden.

Den richtigen Standort wählen

Viele Standorte eignen sich für Blumenwiesen. Zu bevorzugen sind jedoch möglichst magere Böden mit guter Sonneneinstrahlung. Eine sorgfältige Prüfung der vorhandenen Vegetation ist wichtig, um spätere Probleme durch das Wachstum von unerwünschten Pflanzen zu verhindern. Unerwünscht sind insbesondere ausläuferbildende Arten, wie etwa Quecke und Acker-Kratzdisteln, konkurrenzstarke Arten wie Blacken sowie invasive Neophyten wie zum Beispiel das einjährige Berufkraut. 

Den Boden vorbereiten

Eine gründliche Bodenvorbereitung ist entscheidend für die Anlage einer Blumenwiese. Ziel ist es, die vorhandene Vegetation zu entfernen, um Konkurrenz mit den Arten der zukünftigen Wiese zu vermeiden. Hierzu wird folgendes Vorgehen empfohlen: 

  1. Im Winter vor der Aussaat eine erste Bodenbearbeitung in der Tiefe durchführen (fräsen oder pflügen, 15 bis 20 cm). 

  2. Mindestens 30 Tage warten und kurz vor der Aussaat eine zweite flachere Bearbeitung vornehmen (erneut fräsen oder eggen, ca. 5 cm).

  3. Letzte Feinbearbeitung mit dem Rechen direkt vor der Aussaat.

Es ist wichtig, während der Bodenvorbereitung und danach auf die Zugabe von Nährstoffen zu verzichten.    

Aussaat

Der ideale Zeitpunkt für die Aussaat liegt zwischen Mitte und Ende April in tieferen Lagen und kann bis Juni in höheren Lagen erfolgen. Der Boden soll bereits warm genug, aber noch durch morgendlichen Tau feucht sein. Die Aussaat erfolgt von Hand unter trockenen Bedingungen, idealerweise vor einer Regenperiode.  

Die Samen sollten in mehreren Portionen ausgesät und dabei die Fläche sowohl längs als auch quer durchlaufen werden, um eine gleichmässige Verteilung zu gewährleisten. Da Samen für das Keimen Licht benötigen, dürfen sie nicht eingegraben oder bedeckt werden, jedoch ist es wichtig, die Samen am Boden anzudrücken, zum Beispiel mit einer schweren Walze. 

Regionales Saatgut

Alle Pflanzenarten haben sich über Jahrhunderte an die spezifischen Bedingungen ihrer Ursprungsregion (Ökotypen) sowie an die begleitende Pflanzen- und Tiergemeinschaft angepasst. Um diese Eigenschaften zu bewahren, ist es wichtig, einheimisches und wenn immer möglich regionales Saatgut zu verwenden. Dieses ist im Handel teilweise schwer erhältlich. Auf der Website von regioflora finden Sie Anbieter:innen von regionalem Saatgut. 

Pflege im Aussaatjahr

In den Wochen nach der Aussaat wird die Wiese von schnellwachsenden einjährigen Pflanzen wie zum Beispiel Amaranth-Arten besiedelt. Obwohl sie nicht besonders attraktiv aussehen, sind sie wichtig, damit sich die mehrjährigen Pflanzen der künftigen Wiese erfolgreich etablieren können. Diese wachsen im ersten Jahr hauptsächlich als Rosetten und bilden noch keine Blüten. Ein erster Pflegeschnitt auf 7 bis 10 cm Höhe sollte erfolgen, sobald die Vegetation kniehoch ist oder kein Licht mehr auf den Boden fällt.  

Je nachdem wie schnell die Vegetation wächst, können im ersten Jahr zwei bis drei Schnitte erforderlich sein, wobei das Mahdgut jedes Mal entfernt werden sollte. Ein letzter Schnitt vor dem Winter ist notwendig, damit den Wiesenpflanzen im Frühling genügend Licht für das Wachstum zur Verfügung steht. Während des ersten Jahres sollten die Pflanzen zudem nicht gestört werden, zum Beispiel durch Unkrautentfernung oder Betreten. Das schadet den jungen Pflanzen. 

Pflege in den folgenden Jahren

Wenn die Vorbereitungen richtig durchgeführt wurden, sollte die Wiese ab dem zweiten Jahr eine schöne Blüte zeigen. Hat sich die Wiese einmal etabliert, beschränkt sich die Pflege hauptsächlich auf das Mähen. Gegebenenfalls muss die Wiese zudem auf unerwünschte Pflanzen kontrolliert werden.  

In den ersten Jahren, besonders wenn der Boden nährstoffreich ist, sollte kurz nach der ersten Blütezeit gemäht werden (vor der Reife der Gräser, je nach Lage zwischen Ende Mai und Ende Juni). Gemäht wird mit der Sense oder dem Balkenmäher, der auf etwa 7 cm Höhe eingestellt ist. Um Kleintiere zu schützen, wird empfohlen, mehrmals von innen nach aussen zu mähen und Rückzugszonen stehen zu lassen. Das Schnittgut sollte einige Tage auf der Fläche trocknen können, damit die Samen nicht weggetragen werden.  

Während an sehr mageren Standorten ein einziger später Schnitt im Juli ausreichen kann, sind in den meisten Fällen ein Schnitt im Juni und ein weiterer im Herbst erforderlich. 

Jetzt sind Sie dran!

Alles klar? Los geht’s! Und zögern Sie nicht, eine Fachperson für die Bodenvorbereitung oder die Aussaat zu engagieren. Mit etwas Neugier und Enthusiasmus wird die Pflege Ihrer Blumenwiese wirklich zum Kinderspiel. 

Eine Anleitung für Privatpersonen

Im Rahmen des Projekts «Blühende Nachbarschaft» ermutigt Pusch Gemeinden und Privatpersonen dazu, selbst Wildblumenwiesen anzulegen. Eine kostenlose praktische Anleitung (PDF) zum Herunterladen hilft dabei, im eigenen Garten loszulegen. 

Blühende Nachbarschaften in Ihrer Gemeinde

Mit dem Projekt «Blühende Nachbarschaft» setzt sich die Stiftung Pusch dafür ein, dass Wildblumenwiesen wieder in allen Gemeinden zu einem gängigen Anblick werden. Wir unterstützen Gemeinden bei der Umwandlung von monotonen Rasenflächen zu blühenden Blumenwiesen mit Expertenbetreuung, qualitativem Saatgut und einem praktischen Pflegekurs für das Werkhofpersonal. Wir beraten sie bei der Öffentlichkeitsarbeit und unterstützen sie dabei, auch die Bevölkerung für Blumenwiesen zu begeistern – für mehr Vielfalt im Siedlungsraum. All diese Angebote von Pusch sind für die Gemeinden kostenlos.


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