Hochdorf setzt auf ein Miteinander für den Klimaschutz
Die Gemeinde Hochdorf (LU) geht den Weg zu einer klimafreundlichen Zukunft gemeinsam mit der Bevölkerung. Denn nur im Zusammenspiel zwischen Behören, Privaten und der Wirtschaft rücken die Klimaziele näher. Ein Blick ins Luzerner Seetal.
Mit «Business as usual» wird das nichts. Das hat die Gemeinde Hochdorf (LU) erkannt. Und das bedeutet auch, dass sie die Klimaziele nicht im Alleingang, sondern gemeinsam mit ihren 10’000 Einwohner:innen anpackt. Im «Leitbild Umwelt» schreibt die Energiestadt unter anderem: «Wir engagieren uns für die Umsetzung von energiepolitischen Massnahmen durch Motivation und Beratung.» Denn jede:r Einzelne soll die eigene Verantwortung kennen und wahrnehmen können.
15’000 Franken Fördergeld
Motivieren kann bedeuten, Anreize zu schaffen. Zum Beispiel mit der finanziellen Unterstützung von Handlungen oder Projekten. Das Hochdorfer Förderprogramm Energie setzt 2024 einen Schwerpunkt auf den effizienten und sparsamen Umgang mit Elektrizität. Total stellt die Gemeinde dafür jährlich 15’000 Franken zur Verfügung. Davon profitieren können beispielsweise Personen, die ein altes Haushaltsgerät durch ein energieeffizienteres Gerät ersetzen. Auch der Umstieg auf ein Elektrofahrzeug wird finanziell unterstützt.
2023 sei fast der vollständige Förderbetrag ausgeschöpft worden, berichtet Gaby Oberson, Ressortleiterin Bau, Verkehr und Umwelt in Hochdorf. Ausserdem stehe 2024 noch ein spezieller Fördertopf im Umfang von 50'000 Franken für die Ladeinfrastruktur von Elektrofahrzeugen zur Verfügung: Mit einem Unterstützungsbeitrag von 300 Franken pro Parkplatz schafft der Gemeinderat einen Anreiz, um die Ladeinfrastruktur auszubauen und so einen Beitrag zur Verringerung der CO₂-Emissionen in der Mobilität zu leisten.
Über Gemeindegrenzen hinweg
Der Einbezug der Bevölkerung – die Motivierung und Mitwirkung – hat viele Facetten. Und sie muss auch nicht an den Gemeindegrenzen enden. Im Luzerner Seetal geschieht vieles im Verbund: Neun Gemeinden haben sich im regionalen Gemeindeverband «IDEE SEETAL» zusammengeschlossen, der sich für die Entwicklung in der Region einsetzt.
Ein gemeinsames Thema der Seetaler Gemeinden ist ihr Energieverbrauch: Im Rahmen des Bundesprogramms «Energie-Region» erarbeiten sie eine Energie- und Klimabilanzierung. Diese erfasst den regionalen Energieverbrauch und identifiziert Potenziale für die Nutzung regionaler erneuerbarer Energien.
Quartierbesuche: über Energieverbrauch sprechen
Diesen regionalen Prozess hat auch Hochdorf zum Anlass genommen, um ein Augenmerk auf den Energieverbrauch und die Emissionen der Gemeinde zu legen – und mehr darüber zu sprechen. Aus den regional erhobenen Daten zeigt sich, wie viel Energie die Hochdorfer:innen pro Kopf verbrauchen, wie viel Treibhausgas-Emissionen sie ausstossen und wie nachhaltig die Energie in der Gemeinde produziert wird.
Damit diese Informationen nicht bloss in einer Schublade verschwinden, setzt Hochdorf auf sogenannte Quartierbesuche. Gemeindevertreter:innen besuchen dabei auf Wunsch der Organisator:innen zum Beispiel Vereinsversammlungen, Quartiertreffen oder andere – thematisch unabhängige – Veranstaltungen und stellen dort die Energie- und Klimadaten vor.
Während des Besuchs werden nicht nur die Daten zum Energieverbrauch präsentiert, sondern auch gezeigt, wie sich die Gemeinde aktiv mit Energie- und Umweltthemen auseinandersetzt. Und schliesslich werden auch die Förderprogramme für potenzielle Massnahmen zur Energieeffizienz vorgestellt.
2023 fanden insgesamt sechs solche Quartierbesuche statt. «Die Rückmeldungen sind positiv und der Austausch kam gut an», berichtet Gaby Oberson. Sie schätze die Quartierbesuche und die Begegnungen, die sie möglich machen.
Energiemessgerät ausleihen
Damit die Hochdorfer:innen ihren eigenen Energieverbrauch noch etwas genauer unter die Lupe nehmen können, stellt die Gemeinde zwei Energiemessgeräte zur Verfügung. Die Einwohner:innen können diese kostenlos für zwei Wochen ausleihen und so den Stromverbrauch ihrer Haushaltsgeräte messen. Leider sei das Angebot aber noch nicht sehr bekannt und werde bis jetzt wenig genutzt, bedauert Gaby Oberson.
Umfrage-Ergebnisse: Wo stehen die Gemeinden?
Im Frühjahr 2023 hat Pusch eine Umfrage durchgeführt, um herauszufinden, wo die Gemeinden auf dem Weg zu Netto-Null stehen und wie sie die Bevölkerung in diesen Prozess einbeziehen. Über 150 Gemeindevertreter:innen haben mitgemacht und dadurch spannende Einblicke in die Aktivitäten ihrer Gemeinde gewährt.
Die Auswertung der Umfrageergebnisse hat gezeigt, ...
dass die Motivation gross ist, die Bevölkerung verstärkt in den Netto-Null-Pfad der Gemeinde einzubeziehen.
dass häufig die begrenzten Kapazitäten im Weg stehen – insbesondere in kleineren Gemeinden.
dass es den Gemeinden an Erfahrungen und Ideen zum Einbezug der Bevölkerung fehlt.
Deshalb haben wir Ideen und gute Beispiele von anderen Gemeinden in der Toolbox Netto-Null im Kapitel «Mitwirkung» zusammengefasst.
Online-Karte: Energiewende sichtbar machen
Die Energiewende vollzieht sich auf lokaler Ebene, davon ist Hochdorf überzeugt. Um den Erfahrungsaustausch rund um Energieprojekte und die gegenseitige Inspiration zu fördern, hat die Gemeinde eine Energiekarte auf der Website integriert. Darin können Gebäudeeigentümer:innen zum Beispiel ihre Solardächer oder eine neu installierte Wärmepumpe registrieren und andere dadurch zu eigenen Projekten inspirieren. Die Karte basiert auf der Initiative repowermap.org, an der ein breites Netzwerk von Organisationen, Energieregionen und Gemeinden in verschiedenen Ländern beteiligt ist.
Clever unterwegs: zu Fuss statt mit dem Auto
Ein weiteres Anliegen, für das Hochdorf die Bevölkerung aktivieren und motivieren möchte, sind der Fuss- und Veloverkehr. Deshalb setzt Hochdorf zusammen mit drei weiteren Seetaler Gemeinden in den Jahren 2023 und 2024 die Fortbewegung zu Fuss und mit dem Velo ins Zentrum. Unter anderem fand im Mai 2023 eine Fussverkehrswoche im Rahmen des Innerschweizer Projekts «clever unterwegs» der Albert Koechlin Stiftung statt.
Neben verschiedenen Aktionen konnten die Hochdorfer:innen in dieser Woche die Fussverkehrsinfrastruktur beurteilen und den Verantwortlichen in der Gemeinde Feedback geben. Eine Karte der Ortschaft zeigt nun, welche Orte die Einwohner:innen als fussgänger-freundlich oder -unfreundlich eingestuft haben.
Die Rückmeldungen der Bevölkerung ergänzen die bereits 2022 durchgeführte fachliche Analyse der Fuss- und Velowege. Daraus sollen nun konkrete Massnahmen zur Verbesserung des Fuss- und Veloverkehrs entstehen.
Das Jahr des Velos
«Die Fussverkehrswoche kam bei der Bevölkerung sehr gut an», freut sich Gaby Oberson. Das Jahr 2024 stehe nun im Zeichen des Velos. Dafür sind bereits verschiedene Aktivitäten in Planung.
Ausserdem werde die Gemeinde den Schulweg zum Thema machen: «Wir möchten herausfinden, welche Gründe Eltern haben, um ihre Kinder mit dem Auto in die Schule zu fahren und abzuholen.» Oberson erhofft sich wertvolle Hinweise dazu, wie die Gemeinde die Schulwege verbessern könnte. Gleichzeitig möchte sie im Austausch mit Eltern auch die Vorteile des Schulwegs für die Kinder thematisieren.
So machen es andere Gemeinden
Wie binden andere Gemeinden die Bevölkerung auf ihrem Weg zu Netto-Null ein? Darauf gibt es keine einfache Antwort, denn Möglichkeiten gibt es unzählige und nicht alle Massnahmen funktionieren lokal und regional gleich gut. Dennoch lohnt es sich, von anderen zu lernen. Zum Beispiel von diesen drei:
Die Gemeinde Flums (SG) macht lokale Erfolgsgeschichten auf einem virtuellen Energieweg sichtbar.
Unter dem Motto «So heizen die Nachbarn erneuerbar» fand in Burgdorf (BE) 2023 eine Infoveranstaltung zu Heizsystemen statt. Das Spezielle daran: Die Teilnehmenden konnten die Heizsysteme direkt in den Häusern besichtigen. Die Hauseigentümer:innen berichteten aus erster Hand von ihren Erfahrungen.
Einsiedeln (SZ) zeichnet innovative Energieprojekte mit einem Förderpreis aus.
Weitere gute Beispiele finden Sie in unserer Praxiskarte und in der Toolbox Netto-Null.
Titelbild: H. Helmlechner (CC BY-SA 4.0)