«Wir setzen dort an, wo die Mitarbeitenden Einkaufsentscheide treffen»
In einem Inspirationsatelier haben sich 30 Bankangestellte mit nachhaltigem Einkauf befasst. Nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret anhand von tatsächlichen Einkaufsentscheiden in ihrem Arbeitsalltag. Wie der Sprung von der Theorie in die Praxis in nur zwei Stunden gelungen ist, erzählt Atelierleiterin Sonja Plüss im Interview.
Bettina Degen im Gespräch mit Sonja Plüss
Die Nachhaltigkeitsverantwortlichen einer Schweizer Bank nahmen im Frühjahr an einem Inspirationsatelier von Pusch teil. Worum ging es?
Sonja Plüss: Im Inspirationsatelier haben wir uns gemeinsam mit den Mitarbeitenden an das Thema nachhaltige Beschaffung herangetastet. Die 30 Teilnehmenden kommen aus unterschiedlichen Niederlassungen, Abteilungen und Aufgabengebieten, aber sie haben eines gemeinsam: Sie kommen im Alltag immer wieder mit kleineren Einkäufen in Berührung. Es ist entscheidend, dort anzusetzen, wo die Mitarbeitenden regelmässig Entscheidungen in ihrer Arbeit treffen. Durch mehr Hintergrundwissen haben sie die Möglichkeit, reflektierter und dadurch nachhaltiger zu handeln.
Also haben die Teilnehmenden das Thema ausgewählt?
Ja und nein. Zunächst haben wir gemeinsam mit den Verantwortlichen die Bedürfnisse genauer eruiert. Im Inspirationsatelier wollen wir dort ansetzen, wo das Unternehmen und die Mitarbeitenden stehen. Anschliessend geht es darum, die Theorie – was nachhaltige Beschaffung bedeutet und wieso sie wichtig ist – ganz praktisch anhand von Alltagsentscheidungen erlebbar zu machen.
Und welche Alltagshandlungen sind das konkret?
In den Vorgesprächen hat sich gezeigt, dass bestimmte Artikel besonders häufig eingekauft werden: Veranstaltungsartikel und Give-aways, sei es für Kund:innen, als Werbegeschenke oder für Sponsoring-Aktionen. Gerade Give-aways bieten einen idealen Ansatzpunkt, um mehr über Nachhaltigkeit zu lernen. Im Inspirationsatelier haben die Teilnehmenden deshalb in einer praktischen Übung ein konkretes Produkt, wie zum Beispiel einen Turnbeutel, ausgewählt und sich mit Nachhaltigkeitsfragen rund um diesen Artikel befasst. Anhand eines Gegenstands lassen sich die Hotspots der Nachhaltigkeit aufzeigen, also welche Aspekte den grössten Nachhaltigkeitseffekt haben. Dabei haben sich die Teilnehmenden Gedanken über Alternativen zu diesem Artikel gemacht und – das allerwichtigste in diesem Prozess – den Bedarf hinterfragt. Dabei ging es um unterschiedlichste Fragen, wie zum Beispiel:
Brauchen die Kund:innen wirklich einen weiteren Turnbeutel?
Was könnten die Kund:innen sonst noch brauchen?
Welche Botschaft möchte das Unternehmen mit diesem Give-away senden?
Was wäre eine nachhaltigere Lösung, die dennoch den Werbezweck erfüllt? Und wie viel darf diese kosten?
Ein Inspirationsatelier dauert rund zwei Stunden. Reicht das denn für einen langfristigen Effekt?
Natürlich braucht Veränderung Zeit. Aber ein solches Atelier kann ein wichtiges Puzzleteil sein hin zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen, aber auch im privaten Alltag. Ideal ist es, wenn das Inspirationsatelier in weitere Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens eingebettet ist, sodass das Thema bei den Mitarbeitenden präsent bleibt. Und gleichzeitig ist entscheidend, dass wir auf interaktive Weise den erwähnten Bezug zum Alltag der Mitarbeitenden herstellen. Im Beispiel dieser Bank-Mitarbeitenden wird der nächste Give-away-Einkauf ein konkreter Anknüpfungspunkt im Alltag sein. Dazu erarbeiteten wir gemeinsam praktische Schritte, um in der Hektik des Alltags dann auch tatsächlich nachhaltiger zu entscheiden – und das mit allem nötigen Hintergrundwissen. Wichtig ist nämlich, dass die Mitarbeitenden ein Bewusstsein für die grösseren Hebel in Nachhaltigkeitsfragen entwickeln und dort ansetzen, wo es auch wirklich relevant ist, wenn sie das nächste Mal damit konfrontiert sind.
Was meinst du damit?
Nicht alle Massnahmen haben den gleich grossen Effekt für die Umwelt. Sehr aufwendige Nachhaltigkeitsbemühungen, die aber nur einen kleinen Effekt haben, wollen wir verhindern. Wir alle, so auch Unternehmen und ihre Mitarbeitenden, haben begrenzte Ressourcen und Kapazitäten. Deshalb ist es wichtig, auf die Massnahmen mit viel Wirkung zu fokussieren. Oder dann auf «low-hanging fruits», die ohne grossen Aufwand umsetzbar sind (siehe auch Artikel «Mitarbeitende zu Botschafter:innen für die Nachhaltigkeit machen»).
Inspirationsateliers für Unternehmen
Inspirationsateliers helfen Unternehmen, ihre Mitarbeitenden interaktiv und mit alltagsnahen Übungen für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Sie eignen sich besonders für Unternehmen, die einen Umwelttag durchführen oder regelmässige interne Weiterbildungen anbieten. Ausserdem können Firmen, die gerade ein bestimmtes Nachhaltigkeitsprojekt umsetzen, wie zum Beispiel die biodiverse Aufwertung des Firmenareals oder die Einführung von Einkaufsrichtlinien, mithilfe des Ateliers ihre Mitarbeitenden ins Boot holen.
Pusch bietet zu folgenden Themen Inspirationsateliers an:
Nachhaltiger Einkauf: Von der Strategie zur Umsetzung
Zirkuläres Design und Upcycling beim Einkauf
Konsum: Vom Überfluss zum Genuss
Ernährung: Den Planeten gesund essen
Artenvielfalt: Mehr als Bienen