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Nachhaltig bauen: Lebensqualität und Umweltschutz vereinen

Bettina Degen
Auf einer Wiese steht ein ausgestecktes Bauprojekt mit Holzlatten.

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5 Minuten Lesezeit

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Wer nachhaltig baut, baut ganzheitlich. Das bedeutet, ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte einzubeziehen – und zwar über den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojekts. Ein Experte erklärt, wie das gelingt.

Nachhaltiges Bauen beginnt nicht mit dem ersten Spatenstich und endet nicht mit der Fertigstellung», sagt Martin Kärcher, Architekt und Fachmann für nachhaltiges Bauen. Zukunftsfähige kommunale Bauprojekte entstehen, wenn ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Dafür ist die Zusammenarbeit über den gesamten Prozess zentral.

Dimensionen des nachhaltigen Bauens

Umwelt, Wirtschaftlichkeit und gesellschaftliche Aspekte müssen nicht nur von den Planer:innen und Architekt:innen mitgedacht werden. Nur durch enge Zusammenarbeit und Austausch zwischen allen am Bau und Betrieb beteiligten Parteien, finden die drei Ebenen der Nachhaltigkeit den Weg in die Planung, den Bau und den Betrieb. Einen Rahmen für eine solche ganzheitliche Betrachtung bietet der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS), der viele der SIA-Normen und Label-Standards wie die Minergie-Kategorien berücksichtigt.

Kriterien eines nachhaltigen Gebäudes

Gesellschaft

  • Qualität für eine Entwicklung (inklusive Orte, Lebensraum-Gestaltung)

  • Vielfältiges Angebot und Erreichbarkeit in unmittelbarer Nähe

  • Hohe Nutzungsqualität des Innen- und Aussenraums

  • Wohlbefinden und Gesundheit (hoher Komfort im Innenraum)

Wirtschaft

  • Lebenszyklus (über die Nutzung und Gebäudezyklen optimierte Kosten)

  • Zu jedem Zeitpunkt gewährleistete Nutzbarkeit

  • Positiver Beitrag zur Regionalökonomie

Umwelt

  • Erstellung und Betrieb möglichst klimaneutral

  • Energieeffizient und hoher Anteil erneuerbarer Energien

  • Ressourcen und Umwelt (schonende Erstellung und Betrieb)

  • Natur und Landschaft erhalten

Planungsphase ist entscheidend

Nachhaltigkeit ja, aber wie nachhaltig soll das Gebäude letztendlich sein? Um die Weichen dafür zu stellen, gibt es in jeder Bauphase verschiedene Möglichkeiten, über den Nachhaltigkeitsgrad zu entscheiden. Architektur- und Planungsbüros sowie involvierte Bauunternehmen verpflichten sich über das zuvor erstellte Pflichtenheft, die definierten Nachhaltigkeitsanforderungen des Bauprojekts einzuhalten.

Eine der wichtigsten Stellschrauben zeigt sich in den ersten Überlegungen, also in der strategischen Planung – lange vor der Vergabe (siehe Box Phase 1). In dieser Phase werden Nachhaltigkeitskriterien, Prüfung, Gewichtung und Nachweise gezielt ausformuliert, auch bezüglich der Unterhalts- und Rückbaukosten.

SIA-Phasen bei einem Bauprojekt

Phase 1 – Strategische Planung: Bedürfnisformulierung, Lösungsstrategien

Phase 2 – Vorstudie: Definition des Bauvorhabens, Machbarkeitsstudie, Auswahlverfahren

Phase 3 – Projektierung: Vorprojekt, Bauprojekt, Bewilligungsverfahren

Phase 4 – Ausschreibung: Ausschreibung, Offertenvergleich, Vergabe

Phase 5 – Realisierung: Ausführungsprojekt, Ausführung, Inbetriebnahme, Abschluss

Phase 6 – Bewirtschaftung: Bewirtschaftung, Betrieb, Überwachung, Wartung, Instandhaltung

In der Phase 4, dem Ausschreibungsprozess anhand der Zieldefinitionen aus Phase 1, werden die Vorgaben schliesslich konkret verdichtet. Materialanforderungen, Deklarationspflicht der Materialien, der Standard des geforderten Gebäudelabels und der Hinweis auf Baustellenkontrollen sowie die Abschlussmessung der Raumluft sollen transparent in der Ausschreibung positioniert sein.

Baustoff-Wahl ist gleich wichtig wie die Energie-Frage

Eine der grössten Herausforderungen für nachhaltiges Bauen ist der sparsame Umgang mit Ressourcen. Gebäude sollen so konzipiert sein, dass sie im Bau, im Betrieb und im Rückbau zu einer geringen Belastung von Klima, Luft, Wasser und Boden führen. Ein geringer Energieverbrauch wie bei den Minergie-Standards trägt dazu dabei.

«Während der Energieverbrauch inzwischen gut reguliert ist, gibt es im Ressourceneinsatz noch viel Luft nach oben», so Kärcher. «Wir dürfen nicht nur auf den Energieverbrauch fokussieren. Es bringt nichts, ein Gebäude auf maximale Dämmwerte auszurichten, wenn es aber insgesamt sehr hohe graue Treibhausgasemissionen verursacht.» Nachhaltigkeit bedeute, die richtigen Kompromisse zu finden und ganzheitlich zu denken.

Ein nachhaltiges Bauprojekt verlangt den bewussten Einsatz von klimaeffizienten Baustoffen und langlebigen, schadstoffarmen Materialien. Dadurch belasten Bauwerke die Umwelt über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg weniger.

«Ein nachhaltiges Gebäude ist nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch ein Ort, an dem Menschen eine höhere Lebensqualität erfahren.»

Martin Kärcher, Architekt und Fachmann für nachhaltiges Bauen

Gesundes Raumklima und Aufenthaltsqualität

Ob Schule, Altersheim, Gemeindehaus oder Begegnungsort – durch nachhaltige Bauweisen entstehen Innen- und Aussenräume, in denen sich Menschen gerne aufhalten, arbeiten und leben. Ein guter winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz sowie geringe Lärmemission und Strahlungen sind dabei wichtige Faktoren.

Im Aussenraum fördern begrünte Flächen nicht nur die Biodiversität, sondern bieten auch einen angenehmen Raum für soziale Interaktion. «Ein nachhaltiges Gebäude ist nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch ein Ort, an dem Menschen eine höhere Lebensqualität erfahren», betont Kärcher. Gut gestaltete öffentliche Räume und eine sinnvolle Verkehrsplanung können zudem die Art und Weise der Fortbewegung beeinflussen und dadurch aktiv zum Klimaschutz beitragen.

Zwischen zwei Gebäuden ist ein gemütlicher Treffpunkt mit Tischen und Bänken sowie Sonnenschirmen und einer passenden Begrünung angelegt.

Begegnungsorte fördern das Wohlbefinden: Auch die Aussenräume gehören zu nachhaltigen Bauprojekten dazu.

Gesetze und Instrumente als Orientierungshilfe

Beim Ressourcenverbrauch und der Umweltbelastung lässt der gesetzliche Rahmen für den Bau in der Schweiz noch viel Spielraum. Umso wichtiger ist es, bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand eine Vorreiterrolle einzunehmen und die Instrumente und SIA-Standards für nachhaltiges Bauen gezielt einzusetzen. Eine gute Kommunikation gegenüber der Bevölkerung kann das Bewusstsein für Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus eines Neu- oder Umbaus ausserdem stärken.

SNBS-Hilfsmittel

In Phase 1 und als Vorbereitung auf die Machbarkeitsstudie unterstützen der kostenlose SNBS Pre-Check sowie der ausführlichere SNBS Leitfaden.

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