Nachhaltige Veranstaltungen: Praxistipps für Gemeinden

Wie können Gemeinden nachhaltige Veranstaltungen im Kleinen und im Grossen fördern? Welches sind die wirkungsvollsten Hebel? Vier Fachpersonen teilen ihre Praxistipps und zeigen, wie Events im Sinne der Nachhaltigkeit organisiert werden.
Events mit einem Nachhaltigkeitskonzept gewinnen zunehmend an Bedeutung, da immer mehr Gemeinden eine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet haben oder das Ziel Netto-Null verfolgen. An kommunalen Events – zum Beispiel bei Apéros, Verabschiedungen, Eröffnungen, Schul- oder kleineren Gemeindefesten – sollen deshalb auch nachhaltige Aspekte berücksichtigt werden. Bereits einfache Veränderungen können positive Effekte auf den Klima- und Umweltschutz erzielen.
Wichtige Hebel für nachhaltige Veranstaltungen
Bei einem nachhaltigen Veranstaltungskonzept können die Organisatoren auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Kaarina Riesen und Ursina El Sammra vom Schweizerischen Verband für nachhaltige Events nennen einige davon:
Gutes Management und konsequente Kommunikation
Material- und Abfallmanagement
Verkehrs- und Transportkonzept
Nachhaltige Energie und Nutzung vorhandener Infrastruktur
Natur- und Landschaftsschutz
Auswahl der Lebensmittel
Gesundheit und Prävention
Barrierefreiheit und sozialer Zusammenhalt
Wirtschaftlichkeit
Da es viele Ansätze für nachhaltige Massnahmen gibt, ist ein gezielter Fokus entscheidend, um eine kommunale Veranstaltung nachhaltig zu gestalten. Entgegen der landläufigen Meinung, dass die Abfallvermeidung der wirksamste Hebel sei, haben die Anreise der Teilnehmenden und die Verpflegungswahl den grössten Einfluss auf den ökologischen Fussabdruck einer Veranstaltung. Die nachhaltige Mobilität bei Veranstaltungen kann beispielsweise durch die Integration eines ÖV-Tickets in die Einladung oder durch ein Anreisekonzept, das die Nutzung des ÖV begünstigt, gefördert werden.
Beim Verpflegungskonzept können ein pflanzliches, saisonales und regionales Angebot oder Fairtrade- und Bioprodukte besonders viel bewirken. Aber auch kleinere Portionen im Teller mit einer Nachschlag-Möglichkeit sind gute Ansätze. Fallen dennoch Reste an, können diese weitergegeben werden, was zur Reduktion von Lebensmittelabfällen beiträgt. Viele Gemeinden haben zudem für Gläser oder Geschirr eine Mehrwegpflicht für Veranstaltungen eingeführt. Dies kann eine einfache und wirksame Massnahme zur Abfallvermeidung sein.
Tipps für Planung und Evaluation
Konzeption:
Nachhaltigkeitskonzept erstellen: Ziele, Massnahmen und Zuständigkeiten
Kennzahlen definieren
Stakeholder frühzeitig einbeziehen und über Nachhaltigkeitsziele und nachhaltige Veranstaltungsmassnahmen informieren
Kommunikation:
Geschlechterneutrale Ansprache
Digitale Kommunikation besser als Druck – und wenn, dann Recyclingpapier nutzen
Crew-T-Shirts aus Fair-Trade-Produktion, möglichst neutral drucken lassen
Feedback von Stakeholdern einholen
Öffentliche Kommunikation von erreichten Zielen und mit Blick in die Zukunft
Nachbereitung:
Kennzahlen sammeln
Nachhaltigkeitsziele nach der Veranstaltung analysieren
Optimierungsmöglichkeiten identifizieren und dokumentieren
Ergebnisse und Erkenntnisse mit allen Beteiligten teilen
Gut geplant ist halb gewonnen
Ein nachhaltiges Veranstaltungskonzept ermöglicht es, konkrete Ziele und Massnahmen sowie Verantwortlichkeiten festzuhalten. Diese Vorarbeit ist ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Umsetzung von nachhaltigen Events. Es helfe auch, die ökologischen und sozialen Ziele an die Zuliefernden zu kommunizieren und damit Anreize für die Vergabe zu schaffen, so der Verband für nachhaltige Veranstaltungen. Er stellt dazu das kostenlose Tool «EVENTprofil» zur Verfügung. Dieses zeigt praxiserprobte Massnahmen in den einzelnen Handlungsfeldern auf.
Ein wichtiger Tipp der beiden Fachfrauen: von Anfang an Kennzahlen sammeln und die Berichterstattung einplanen. Die gesammelten Erfahrungen zeigen anschliessend, wie zukünftige Veranstaltungen noch besser gestaltet werden könnten. Eine offene Kommunikation nach aussen über den Erreichungsgrad der Nachhaltigkeitsziele weckten zudem Vertrauen – selbst wenn noch nicht alles perfekt umgesetzt ist. Der Schweizer Verband ist davon überzeugt, dass eine authentische Kommunikation, die klar aufzeigt, welche Ziele mit kommenden Verbesserungen verfolgt werden, von allen Beteiligten positiv aufgenommen wird.
Tipps für die Durchführung
Mobilität & Barrierefreiheit:
ÖV-Ticket in die Eintrittskarten integrieren
Fahrradparkplätze zur Verfügung stellen
Veranstaltungsrahmen mit ÖV-Fahrplan abstimmen
Zugang für Menschen mit Beeinträchtigung sicherstellen
Catering & Verpflegung:
Fokus auf pflanzenbasierte, regionale und saisonale Lebensmittel, wenn möglich in Bio-Qualität
Förderung von Fairtrade und biologischen Produkten
Kleinere Portionen und die Möglichkeit für Nachschlag anbieten
Weitergabe von Überresten nach Hause oder Reste im Pausenraum auflegen
Abfallmanagement:
Mehrweg-Geschirr verwenden – Pfand ist inzwischen breit akzeptiert
Deutliche Kennzeichnung der Abfalltrennung vor Ort
Vermeidung unnötiger Dekorationen oder Give-aways
Energie & Infrastruktur:
Bestehende Infrastruktur nutzen
Effizienter Energie- und Wasserverbrauch
Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien
Wiederverwendbare Deko oder Tischtücher, einheimischer Blumenschmuck
Erfahrungen aus der Praxis
Die Stadt Frauenfeld hat gute Erfahrungen mit nachhaltigen Veranstaltungen gemacht. Martina Dumelin, Projektleiterin des Mitsommerfestes Frauenfeld, setzte beim 2022 im Auftrag der Stadt durchgeführten Fest auf die Mitwirkung von lokalen Vereinen, weshalb eine enge Zusammenarbeit und Kommunikation besonders wichtig war. Dazu gehörte auch die Klarheit des Nachhaltigkeitskonzepts. So platzierte Dumelin Vorgaben bezüglich regionaler Partnerschaften im Umkreis von 15 Kilometern, lokaler Künstler:innen mit kurzer Anreise, Mehrwegsystem, regionaler Produkte, Ökostrom, Abfallvermeidung sowie einer Vermeidung von Give-aways. Für die nächste Ausgabe im Jahr 2026 ist die Nachhaltigkeit im Verpflegungsangebot eine wichtige Konzept-Weiterentwicklung.

Krummes Gemüse kann Teil des Gastro-Konzepts sein.
Mehr Bewusstseinsbildung zum Thema nachhaltige Veranstaltungen statt starrer Vorgaben unterstreicht auch Cello Fisch, Geschäftsführer der Catering- und Eventagentur «Genial Delikat». Der Anbieter von nachhaltigen Gastronomie-Konzepten setzt auf 95 Prozent Schweizer Produkte und ersetzt Überseeprodukte durch regionale und saisonale Lebensmittel. Alle frischen Produkte stammen aus der Region Romanshorn im Umkreis von 11 Kilometern. Das Catering verwendet kein importiertes Gemüse und keine entsprechenden Früchte. Beispielsweise werden Mandeln durch Haferflocken, Kokosmilch durch Hafercreme, Papaya durch Kohlräbli und Avocados durch Erbsen ersetzt.
Küchenabfälle und Speisereste werden weiterverarbeitet oder zur Biogasgewinnung genutzt. Die enge Zusammenarbeit mit Lieferant:innen habe innovative Lösungen vorangetrieben, so Cello Fisch. Wie beispielsweise ein mobiles Wasserspendersystem mit Mehrwegflaschen oder neue Produkte, die noch nachhaltiger hergestellt werden.