Partizipation bringt Mehrwert
Nach einer Gemeindefusion im Jahr 2019 ist Wädenswil an der Ausarbeitung einer neuen Bau- und Zonenordnung. Dass sich auch die Bevölkerung rege an diesem Prozess beteiligt, ist für das Projekt ein grosser Gewinn.
Am 21. Mai 2017 stimmten die Einwohner:innen der Zürcher Gemeinden Wädenswil, Schönenberg und Hütten einem Gemeindezusammenschluss zu. Am 1. Januar 2019 wurde die Fusion der drei Gemeinden zur Stadt Wädenswil offiziell vollzogen. Der Vertrag zum Zusammenschluss hält fest, dass die Bau- und Zonenordnungen (BZO) der Vertragsgemeinden ihre Gültigkeit behalten, bis eine neue, für das gesamte Gebiet gültige Ordnung ausgearbeitet ist.
Entsprechend hat die Stadt Wädenswil unter dem Motto «Stadt Neu Land» damit begonnen, diese Ordnung im Rahmen einer Gesamtrevision der Nutzungsplanung (GRN) zu definieren. Dabei stehen vor allem die Umsetzung der im neuen kommunalen Richtplan festgehaltenen Massnahmen und die Zusammenführung der Bau- und Zonenordnungen im Zentrum.
Austausch und Partizipation
Obwohl Planungsprozesse in der Regel komplizierte und abstrakte Verfahren sind, betreffen ihre Resultate die Bevölkerung oft sehr direkt. Daher war für den Stadtrat von Wädenswil von Anfang an klar, dass der Austausch mit der Bevölkerung im Hinblick auf eine erfolgreiche Gesamtrevision eine zentrale Rolle spielt, und er beschloss, dass die entsprechende Mitwirkung über den gesetzlich vorgeschriebenen Prozess hinausgehen soll. Die Projektleitung schrieb dafür eigens ein Mandat aus, das speziell die Umsetzung, Moderation und Kommunikation eines partizipativen Begleitprozesses umfasste.
Die Etappen der Umsetzung
Die Gesamtrevision der Nutzungsplanung ist in vier Phasen gegliedert. In der ersten Phase ging es darum, die planerischen Grundlagen aufzubereiten, die räumliche und bauliche Situation in den Ortsteilen zu analysieren und deren aktuelle Qualitäten, Potenziale und Defizite zu bewerten. Auf dieser Basis entwickelte das Planungsteam in der zweiten Phase städtebauliche Leitideen. Diese Ideen zeigten auf, wie sich der Siedlungsraum und die Bebauungsmöglichkeiten zukünftig entwickeln sollen. Entsprechende Anpassungen der Bau- und Zonenordnung wurden dabei in einem Erläuterungsbericht dokumentiert.
Aktuell befindet sich die Revision in der dritten Phase. Hier geht es vor allem darum, die Anträge aus der öffentlichen Auflage sowie aus der kantonalen Vorprüfung der Ablauf der Gesamtrevision der Nutzungsplanung revidierten Nutzungsplanung zu prüfen. Insgesamt gingen 220 Einwände ein, die unterschiedliche Themen wie zum Beispiel die Anpassungen einzelner Auf- und Einzonungen betreffen. Der Umgang mit den Einwänden wird in einem separaten Bericht dokumentiert. Auf der Basis dieses Berichts wird dem Stadtrat eine überarbeitete Version der Bau- und Zonenordnung vorgelegt, welche dieser für die politische Diskussion im Gemeinderat verabschiedet. Damit beginnt die vierte und letzte Phase, an dessen Ende der Beschluss des Gemeinderates steht.
Workshops, Dialoge und Referate
Die ersten beiden Phasen der Revision erfolgten unter reger Mitwirkung der Bevölkerung. Während der ersten Phase ging es dabei vor allem darum, den Prozess der Gesamtrevision offiziell zu starten und diesen Start entsprechend zu kommunizieren. Dazu wurden die Bevölkerung in einer Startveranstaltung zunächst über das Projekt informiert und die Teilnehmenden untereinander vernetzt. Darauf folgten zwei öffentliche Dialoge mit jeweils spezifischen thematischen Schwerpunkten. Die Dialoge umfassten verschiedene Inputs aus Gemeinde und Verwaltung und von Fachpersonen, eine Podiums- und anschliessende Publikumsdiskussion. Flankiert wurden diese Massnahmen von einer Projektwebseite, dem Start eines Newsletterversands sowie einer umfassenden Berichterstattung in den Printmedien. Im Anschluss an die Dialoge fanden in der zweiten Phase fünf Workshops statt, an denen die Teilnehmenden über die Ergebnisse aus den Ortsteilanalysen und den Stand der Planung informiert wurden. Gemeinsam besprachen sie die Analysen, formulierten Anforderungen an die bauliche Entwicklung und gaben Hinweise zu Themen der Nutzungsplanung, wie zum Beispiel der ortsbaulichen Entwicklung oder den Grünräumen. Zudem wurden Stadtspaziergänge angeboten, damit sich die Bewohner:innen direkt vor Ort ein Bild von den Potenzialen der Siedlungsentwicklung und den entsprechenden Entwicklungsansätzen machen konnten.
Den Abschluss der zweiten Phase bildeten zwei Workshops mit Referaten über die neue Zonensystematik, die pandemiebedingt online stattfanden. Sie legten dar, wie die Qualität in Wohnzonen erhöht, wo aufgezont und wie Grün- und Freiräume gesichert werden sollen. Anschliessend diskutierten die Teilnehmenden in Gruppen und es wurden Feedbacks gesammelt.
Die Bevölkerung will mehr Grün
Die Angebote zur Mitwirkung wurden rege genutzt. Zu den Veranstaltungen kamen jeweils zwischen 80 und 110 Personen. Den Newsletter erhalten mittlerweile 230 Personen und auf der Webseite wurden über 150 Einträge mit Ideen und Anregungen für die Zukunft der Stadt Wädenswil verfasst. Zudem haben sich 20 Personen dazu bereit erklärt, das Projektteam bei der Bewerbung des Projekts zu unterstützen. Dies zeigt, dass siedlungsökologische Themen bei der Bevölkerung einen grossen Stellenwert haben. Aus den Aussagen zum Thema Grün- und Freiräume wurde deutlich, wie wichtig es den Menschen in Wädenswil ist, bestehende Grünzonen zu erhalten und wenn möglich zu erweitern. Zwei Anliegen wurden dabei besonders häufig genannt: die Erhaltung, Sicherung und Neuschaffung von Grünflächen sowie die Förderung der Biodiversität.
Die Themen Grün- und Freiflächen sind den Menschen in Wädenswil wichtig.
Diese Anliegen flossen denn auch in den Entwurf der neuen Bau- und Zonenordnung ein. Und dabei geht es nicht nur um die öffentlichen Grün- und Freiflächen. Mit den neuen Regelungen müssen künftig auch alle privaten Grundeigentümer:innen bei Um- oder Neubauten die Einhaltung der Mindestvorgaben in Bezug auf Menge und Qualität ihrer Grünflächen nachweisen. Dabei stehen vier Massnahmen im Fokus:
Die explizite Sicherung von Grün- und Freiflächen wie Parks und Plätze in der Kernzone.
Die Einführung der Grünflächenziffer.
Die Festlegung von Baumschutz- und Baumfördergebieten.
Vorgaben bezüglich Qualität von Grünflächen im Sinn des ökologischen Ausgleichs.
Unsicherheiten erkennen und Verständnis schaffen
Bei der Gesamtrevision der Nutzungsplanung wurde auf die unterschiedlichen Ortsteile Rücksicht genommen. Dies geschah durch den Einbezug der Bevölkerung in Quartier- und Themenforen mittels Informationsveranstaltungen sowie über weitere klassische Kanäle wie Medienarbeit und Webseite. Dadurch war es möglich, die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung effizient zu erfassen.
Durch die umfassende Beteiligung der Bevölkerung am Prozess der Planungsrevision konnten zudem Verständnis geschaffen, Anforderungen formuliert und Unsicherheiten und Ängsten sowie potenziellen Konflikten frühzeitig begegnet werden. Das Mitwirken der Bevölkerung hat eine differenziertere Evaluation ermöglicht und damit das Endergebnis klar verbessert. Allerdings: Auch ein umfassender Einbezug garantiert keine politischen Mehrheiten. Auch wenn ein inklusiver Weg erfolgreich verläuft, heisst das noch nicht, dass beim formalen, rechtsgebenden Prozess dann nicht doch andere politische Prioritäten im Vordergrund stehen. Das oberste Ziel ist daher, eine möglichst breite Akzeptanz zu schaffen, was unter anderem mit verschiedenen Partizipationsformen sowie guter, transparenter Kommunikation gelingen kann.
Der Artikel ist im «Thema Umwelt» 4/2022 erschienen.
Titelbild: StadtNeuLand