Netto-Null und Versorgungssicherheit – wie geht das?
Wie erreichen wir die Klimaziele und gewährleisten gleichzeitig die Versorgungssicherheit? Eine Serie von Fachartikeln und Praxisbeispielen beleuchtet diese Frage.
Das Netto-Null-Ziel und eine hohe Versorgungssicherheit schliessen sich nicht aus. Im Gegenteil: Sie unterstützen sich gegenseitig. Denn alle profitieren, wenn erneuerbare Energien zügig ausgebaut und die Energieeffizienz gesteigert werden. Doch dafür braucht es einen hohen Gestaltungswillen, beherztes Anpacken und unerschrockene Pionier:innen. In der neusten Beitragsserie beleuchten wir das Thema deshalb vertieft mit Fachartikeln aus der Feder verschiedener Expert:innen. Und nicht zuletzt werfen wir einen Blick in die Praxis. Denn von den Lösungsansätzen, Hürden und Erfolgsfaktoren anderer Gemeinden lässt sich viel lernen.
Starker Wille ist gefragt
Nadine Brauchli vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) ist überzeugt, dass sowohl die Versorgungssicherheit als auch Netto-Null erreichbar sind – aber nur mit starkem Willen. Wie sie in ihrem Fachartikel schreibt, spielt die kommunale Ebene dabei eine wichtige Rolle: «Städte und Gemeinden können den dringend notwendigen politischen und gesellschaftlichen Willen, den es zur Erreichung der Ziele braucht, stärken und den Umbau des Energiesystems vorantreiben.» Hier geht es zum Artikel: «Ambitionierte Ziele erfordern einen starken Willen».
«Das Energiesystem 2050 wird die Schweiz nicht nur unabhängiger von fossilen Energieträgern machen, sondern auch günstiger sein.»
– schreibt Nadine Brauchli, Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE)
Michel Müller und Milena Krieger von EBP erklären im Interview, was die Transformation zu erneuerbaren Energieträgern für Städte und Gemeinden in der Schweiz bedeutet und worauf es ankommt. Sie beantworten unter anderem die Frage, ob die Sorge um eine Strommangellage die Klimaziele in den Hintergrund drängen könnte und in welche Energiequellen Gemeinden investieren sollten. Hier geht es zum Interview: «Versorgungssicherheit und Klimaziele lassen sich verbinden»
Mehrheitsfähiger Klimaschutz?
Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit vom Ausland, Netto-Null und gleichzeitig totaler Landschaftsschutz? «Das geht nicht, wir können nicht alles haben», macht Alexander Keberle von economiesuisse deutlich. (Zum Interview: «Wir haben uns auf Ziele geeinigt, aber nicht auf den Weg dorthin»)
«Die drei Mindestvoraussetzungen für die Zukunft sind: versorgungssicher, wirtschaftlich und klimaneutral. Die Frage ist, wie wir am effizientesten dahinkommen.»
– sagt Alexander Keberle, economiesuisse
Abstriche sind also unumgänglich. Aber wo? Vor allem müssten wir uns von der Idee verabschieden, dass der Interessenkonflikt mit einer einfachen Patentlösung aus der Welt zu schaffen ist. «Eine der grössten Herausforderung wird sein, die Gratwanderung zwischen Mehrheitsfähigkeit und ambitionierten Klimazielen zu schaffen.» Keberle plädiert dafür, etwas zu tun, das «wir in der Schweiz verlernt haben: Schmerzhafte Kompromisse eingehen».
Fossilfreie Wärme
«In der Wärmeversorgung hat eine neue Zeitrechnung begonnen.» Das schreiben Reto Rigassi von ENCO Energie-Consulting und Michael Reichert von Energie 360° in ihrem Fachartikel zur Wärmewende.️ Sie betonen die wichtige Rolle der Gemeinden beim Wechsel auf eine fossilfreie Wärmeversorgung, bedauern aber auch, dass diese ihre Einflussmöglichkeiten häufig unterschätzen. Aber wieso eigentlich? Hier geht es zum Fachartikel: «Gemeinsam zu fossilfreier Wärme».
«Es genügt nicht mehr, die «low hanging fruits» zu ernten. Heute gilt es, für jede Heizung eine Lösung mit Abwärme oder erneuerbare Energien zu finden.»
– betonen Reto Rigassi und Michael Reichert
Ein spannendes Beispiel aus der Praxis bietet die Stadt Morges im Kanton Waadt. Sie arbeitet mit Hochdruck daran, die eigenen Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Die jährlichen Entwicklungsgrundsätze helfen dabei, auf Kurs zu bleiben. Allerdings fällt auf, dass die Stadt nicht in allen Bereichen der Entwicklungsgrundsätze gleich gut vorankommt: Morges ist zwar in drei Sparten planmässig unterwegs (Entwicklung von Fernwärmenetzen, Erhöhung des Biogasanteils im Gasnetz und Installation von Photovoltaik-Modulen). Bei den energetischen Sanierungen und dem Wechsel von fossilen Heizsystemen auf erneuerbare Lösungen gehen die angestrebten Ziele und die Realität allerdings noch auseinander.
Wie die Stadt energetische Sanierungen fördert und welche kreativen Lösungen sie gefunden hat, um private Gebäudeeigentümer:innen dazu zu motivieren, erklärt Marc Bungener, Leiter des Amts für Nachhaltigkeit, in seinem Artikel «So beschleunigt die Gemeinde Morges die Energiewende».
Solaroffensive mit unterschiedlichen Ansätzen
Ebenfalls im Kanton Waadt liegt die Gemeinde Epalinges – eine Vorreiterin in Sachen Solarenergie. Mit ihrer Solaroffensive verfolgt die Gemeinde das ehrgeizige Ziel, bis 2030 das gesamte Solarpotenzial auf dem Gemeindegebiet auszunutzen. Dafür setzt sie auf eine Kombination aus Fördermassnahmen, die weit über reine Subventionen hinausgehen. Im Artikel «Solaroffensive: Gemeinde Epalinges macht vorwärts» erklärt der kommunale Energiebeauftragte, wie der «Solar-Boost» gelingt.
Finanzielle Unterstützung
Dass Klimaschutzmassnahmen nicht gerade günstig sind, spüren Städte und Gemeinden immer wieder. Hier können Förderprogramme helfen. Im Artikel «Finanzielle Unterstützung für nachhaltige Energie» zeigt Olivia Guler von der Stiftung KliK anhand von drei Beispielen aus der Praxis, welche finanzielle Unterstützung sich für welche Art von Projekt eignen könnte.
Toolbox Netto-Null
Welche Grundlagen und Werkzeuge eignen sich, um die Gemeinde erfolgreich auf den Netto-Null-Pfad einzuspuren? Alles, was Sie dazu wissen müssen, hat Pusch in der neuen Toolbox Netto-Null zusammengestellt.