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Gebäude vogel- und fledermausfreundlich sanieren

Regina Michel
Ein Mauersegler im Flug.

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Gebäudesanierungen bringen ein wenig bekanntes Problem mit sich: Den Schutz bedrohter Tierarten, die Gebäude zu ihrem Lebensraum gemacht haben. Die Gemeinden sehen sich mit dieser Herausforderung gleich doppelt konfrontiert – einerseits bei der Abwicklung von Baubewilligungsverfahren, andererseits bei der Sanierung der eigenen Immobilien.

Seit Kurzem sind ihre Flugmanöver wieder am Himmel zu beobachten: Mehl- und Rauchschwalben, Mauer- und Alpensegler sind aus dem Süden zurückgekehrt, um in unseren Siedlungen ihre Jungen grosszuziehen. Ihre Nester nutzen sie oft über Jahrzehnte. So sparen sie Zeit und Energie, bevor sie zwischen August und Oktober wieder die lange Reise ins südliche Afrika antreten.

Warum es unsere tierischen Nachbarn schwer haben

Gebäudebewohnende Arten wie Vögel oder Fledermäuse haben es heutzutage oft schwer. Die Akzeptanz dieser Lebewesen als unsere direkten Nachbarn hat vielerorts abgenommen, häufig wird ihnen der Zugang zu Nistplätzen am Gebäude verwehrt. Auch aus bautechnischen Gründen wird ihr Wohnraum immer knapper: Während moderne Gebäude oftmals keine geeigneten Plätze für die Aufzucht der Jungtiere aufweisen, werden viele ältere Gebäude, die reich an Nischen oder Hohlräumen sind, abgerissen oder saniert.

Massnahmen wie die Isolierung von Dächern und Fassaden, die für die Energiewende unerlässlich sind, können für Tiere schwerwiegende Folgen haben. Spezialisierte Arten wie Mauersegler und Mehlschwalben, aber auch viele Fledermausarten sind davon besonders betroffen, da sie für die Aufzucht ihrer Jungen Jahr für Jahr an dieselben Orte zurückkehren.

Abbildung, die verschiedene Tierarten und ihre Nischen an Gebäuden zeigt.

Unsere Siedlungen bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Gebäudebrütern. Bild: Andrea Klaiber und Anne Seeger

Verantwortung und Chance zugleich

Sowohl die Vögel als auch die Fledermäuse sind über die nationale und kantonale Gesetzgebung vor Störungen geschützt. Das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG) sieht vor, dass das Brutgeschäft der Vögel nicht gestört werden darf. Das Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) und die dazugehörige Verordnung (NHV) schützen die Vögel, die Fledermäuse sowie deren Nester und Wochenstuben.

Gerade in den nächsten Monaten, wo die Vögel und Fledermäuse sich um die Aufzucht ihrer Jungtiere kümmern, sind Arbeiten am Gebäude besonders heikel und unbedingt mit Rücksicht auf die tierischen Untermieter vorzunehmen. Andernfalls besteht das Risiko, dass Nistplätze verloren gehen, Tiere gestresst, verdrängt oder gar getötet werden.

Gemeinden können sich aktiv dafür einsetzen, Gebäudesanierungen in Einklang mit der Biodiversität zu bringen. Sowohl bei der Planung von Bauvorhaben (Baugenehmigungen) als auch bei der Instandhaltung und Renovation kommunaler Gebäude können sie damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz bedrohter Arten leisten.

Merkblatt Gebäudesanierung

Anfang Mai 2025 veröffentlichte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) gemeinsam mit der Schweizerischen Vogelwarte, BirdLife Schweiz sowie dem Schweizer Zentrum für Fledermausschutz ein Merkblatt, das sich an die Verantwortlichen der öffentlichen Hand und an Baufachleute richtet. Es listet empfohlene Massnahmen auf und leitet zu Informationen, Hilfsmitteln und Spezialist:innen weiter.

Konkrete Lösungen und Hilfe

Die Herausforderungen mögen komplex erscheinen und die Anzahl der betroffenen Akteur:innen hoch sein. Es gibt jedoch einfache und in der Regel kostengünstige Lösungen sowie zahlreiche Informationsquellen. Zudem steht ein schweizweites Netzwerk von Spezialist:innen – seien es die regionalen Koordinationsstellen für Fledermausschutz oder die lokalen Natur- und Vogelschutzvereine – beratend zur Verfügung.

Wenn wir ihnen Sorge tragen, werden wir uns auch in Zukunft an den Flugkünsten von Mauerseglern und Co. erfreuen können.

Hilfsmittel

Was tun bei Nestern am Gebäude?

Der Umgang mit Nestern an Gebäuden wirft oft Fragen auf. Die digitale Entscheidungshilfe der Schweizerischen Vogelwarte in Zusammenarbeit mit der Jagd- und Fischereiverwalter-Konferenz der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein (JFK) hilft, die richtige Vorgehensweise zu wählen.

Brutstandorte von Seglern und Schwalben ausfindig machen

Das Geoportal der Schweizerischen Vogelwarte enthält Informationen über die Lage und Grösse der Nistplätze von Seglern und Schwalben an Gebäuden. Quelle der Daten sind Beobachtungen, die über die Schweizerische Vogelwarte erfasst wurden. Einige Kantone oder Gemeinden verwenden eigene Portale für die Verwaltung von Gebäudebrüter-Standorten. Bei Fragen wenden Sie sich an delichon@vogelwarte.ch.


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