Znüni retten statt wegwerfen

Food Waste ist nicht nur ein Ärgernis für die Schule, sondern auch für die Umwelt, denn mit der zerquetschten Banane wandern auch die zur Produktion verwendeten Ressourcen in den Abfall.
10-Uhr-Pause, die Kinder kramen ihren Znüni hervor, singen das gemeinsame Znünilied, bevor sie zusammen essen – und am Ende liegen sie im Abfalleimer: die halbe Banane, die im Znünitäschli etwas zerdrückt wurde, der angebissene Apfel mit der braunen Stelle oder der letzte Bissen des Minipic, das heute irgendwie besonders gross war. Jede Lehrperson kennt das Problem: Essensverschwendung beim Znüni. Doch wie können Schulen diese Problematik kindgerecht im Alltag angehen und wo gibt es Handlungsmöglichkeiten?
Eltern und Kinder spielen eine wichtige Rolle
Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Zahlen: Insgesamt verursacht die Ernährung 30 % der Gesamtumweltbelastung einer Durchschnittsperson in der Schweiz, wobei ein Viertel davon allein auf das Konto von Food Waste geht. Gemäss Berechnungen des Bundesamts für Umwelt (Bafu) entsteht ein grosser Teil der vermeidbaren Abfälle in den Haushalten. Pro Person und Jahr gehen hier rund 90 Kilogramm Lebensmittel verloren. Mit einem Anteil von 38 Prozent am gesamten Food Waste belasten diese Lebensmittelabfälle die Umwelt deutlich am stärksten. An zweiter Stelle steht die Verarbeitungsindustrie (27 %), gefolgt von der Gastronomie (14 %), der Landwirtschaft (13 %) und dem Gross- und Detailhandel (8 %).
Dass die Haushalte derart ins Gewicht fallen, hängt damit zusammen, dass diese am Ende der Wertschöpfungskette stehen, wodurch sich Umweltbelastungen der vorgelagerten Prozesse summieren. Deshalb spielen Konsumentinnen und Konsumenten, zu denen auch die Schulkinder gehören, eine so wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Food Waste.
Der Inhalt ist das Wertvolle
Mit der Verschwendung von Lebensmitteln gehen eine Vielzahl von Ressourcen wie etwa Wasser, Düngemittel, Pestizide, Energie oder Verpackungsmaterial verloren. Zusammengerechnet entspricht die Umweltbelastung für Produktion, Ernte, Verarbeitung, Lagerung und Transport der verschwendeten Lebensmittel der Hälfte der Umweltbelastung des motorisierten Individualverkehrs der Schweiz.
Entgegen der weitverbreiteten Meinung tragen Verpackungen weniger als 10 % zur Umweltbelastung des gesamten Produkts bei.
Um Lebensmittel beim Transport oder bei der Lagerung besser zu schützen und sie länger haltbar zu machen, wurden spezifische Verpackungen erfunden. Entgegen der weitverbreiteten Meinung tragen diese mit weniger als 10 % nur wenig zur Umweltbelastung des gesamten Produkts bei. Die Verpackung ist sozusagen die sichtbare Spitze des Eisbergs, doch der grösste Teil – die Emissionen bei Produktion, Transport und Lagerung – ist für den Endverbraucher unsichtbar.
Mehrwegverpackungen fördern
Eine Ausnahme sind da Getränkeverpackungen, bei denen der Anteil an der Gesamtbilanz höher ist. Deshalb machen Mehrwegbehälter, zum Beispiel Trinkflaschen, in diesem Bereich besonders viel Sinn. Wenn es trotzdem Sprudelgetränke sein sollen, dann sind Wassersprudler mit Leitungswasser klar die bessere Alternative zu Softgetränken aus dem Supermarkt. Aber natürlich soll man auch sonst auf unnötige Verpackungen verzichten. Deshalb sind Mehrwegverpackungen wie die Znünibox gegenüber allen Einwegverpackungen unbedingt zu fördern. Zu guter Letzt reduzieren diese auch Littering auf dem Schulhausareal. Littering ist nicht nur ein grosses Ärgernis und verursacht Reinigungskosten, sondern bedeutet auch ein Verlust von Rohstoffen, denn der gelitterte Abfall wird nicht getrennt und landet auf jeden Fall in der Kehrichtverbrennung.
Vermeiden als oberstes Ziel
Weil in einem Produkt mehr als der sichtbare Abfall steckt, ist die punkto Umweltschutz wirkungsvollste Massnahme daher immer das Vermeiden von Food Waste. Beim Znüni lassen sich Lebensmittelabfälle reduzieren, wenn die Eltern den Kindern nur so viel mitgeben, wie diese auch essen. Das bedingt jedoch, dass sie wissen, wie viel ihr Kind in den Schulpausen tatsächlich verzehrt. Dies ist nur möglich, wenn die Kinder Reste nicht wegwerfen, sondern sie wieder zurück ins Znüniböxli legen. Kündigt die Lehrperson Geburtstagsznünis an, geben die Eltern keine zusätzlichen Verpflegungen mit. Zudem lässt sich das Thema auch an einem Elternabend oder in einem Elternbrief aufgreifen. Fallen beim Pausenkiosk ständig Reste an, lässt sich vielleicht ein Bäcker finden, der kleinere Brötchen backt, oder ein Obstlieferant, der kleinere Äpfel im Sortiment führt.
Lebensmittel zum Unterrichtsinhalt machen
Was wenig geschätzt wird, wird eher weggeworfen. Deshalb ist eine weitere Massnahme gegen Food Waste die Steigerung der Wertschätzung von Lebensmitteln, beispielsweise durch die Thematisierung im Unterricht: Welche Reise macht das Brötchen, bevor es im Znünitäschli landet? Ein Besuch auf einem Bauernhof zeigt den Kindern, woher das Rüebli kommt, wie es geerntet wird und dass jemand dafür arbeiten muss. Die Stiftung Pusch – Praktischer Umweltschutz bietet entsprechendes Unterrichtsmaterial an.
Was wenig geschätzt wird, wird eher weggeworfen.
Natürlich kann auch im kleinen Rahmen im Klassenzimmer etwas selbst angepflanzt werden, wie etwa Kresse oder Bohnen. So bekommen die Kinder ein Gefühl dafür, was es braucht, bis ein Lebensmittel entsteht. Mit kleinen Experimenten können Lehrpersonen die Kinder auch spielerisch an die Themen Lagerung und Haltbarkeit heranführen. Äpfel sollte man möglichst separat lagern, da sie Ethylen ausscheiden, was bei vielen anderen Früchten die Reifung beschleunigt. Das lässt sich gut in einem kleinen Versuch beobachten: Eine Banane liegt neben ein paar Äpfeln, die andere wird separat gelagert. Genauso einfach durchführbar ist der Eiertest im Wasserglas: Ist das Ei frisch, sinkt es zu Boden. Bei einem lange gelagerten Ei entweicht das Wasser des Eidotters mit der Zeit durch die poröse Eierschale. Der frei gewordene Platz füllt sich mit Luft von aussen, weshalb es schwimmt.
Reste, wenn möglich, teilen
Auch während der Pause gibt es Möglichkeiten, die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Ein Apfelteiler verhindert, dass Äpfel nur angebissen und dann weggeworfen werden. Die Kinder sollen ausserdem lernen, dass man braune Stellen bei Früchten wegschneiden kann und nicht das ganze Lebensmittel weggeworfen werden muss.
Gewisse Reste eignen sich – natürlich unter Berücksichtigung der Corona-Situation – auch zum Teilen oder Weiterverarbeiten. Übrig gebliebene Reiswaffeln und andere Cracker lassen sich beispielsweise in einer Dose sammeln, an der sich hungrige Kinder später bedienen können, und zerquetschte Bananen oder andere Früchte kann man schnell zu einem leckeren Smoothie mixen.

Mit einem Wurmkompost lassen sich Obstabfälle zu nährstoffreicher Erde umwandeln. Bild: WormUp
Etwas aufwendiger als der Abfalleimer – aber dafür ein spannendes Lernobjekt zum Thema «Kreislauf» – ist der Kompost, beispielsweise ein Wurmkompost. Dieser kann bei richtiger Bedienung über mehrere Jahre geruchlos im Klassenzimmer oder einem Nebenraum betrieben werden, wobei sich immer wieder frischer Humus ernten lässt. Bei fehlendem Platz kann auch ein sogenannter Bokashi-Eimer eingesetzt werden – eine geruchlose Alternative zum Kompost.
Handlungsmöglichkeiten gibt es also viele – und wenn es nicht auf Anhieb klappt, bietet jeder Tag eine neue Möglichkeit, etwas für die Umwelt zu tun.
Der Artikel ist im «4 bis 8» 7/2021 erschienen.
Titelbild: Pusch