Paradigmenwechsel in der öffentlichen Beschaffung
Im Juni 2019 hat das Schweizer Parlament dem revidierten Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen zugestimmt und damit einen Paradigmenwechsel vollzogen. Die neue Gesetzgebung rückt Nachhaltigkeit verbindlich in den Fokus. Damit kann die öffentliche Beschaffung zu einem wichtigen Hebel für die Förderung der Kreislaufwirtschaft werden.
«Zum Schutz von Klima, Biodiversität und Umwelt reichen Optimierungen nicht aus – es sind neue Ansätze gefragt», ist Felix Meier, Geschäftsleiter der Stiftung Pusch, überzeugt. Ein solcher Ansatz ist eine Wirtschaft, die Energie und Rohstoffe in möglichst geschlossenen Kreisläufen hält – die Kreislaufwirtschaft. Sie nutzt Ressourcen effizient, reduziert den Bedarf an Primärrohstoffen, vermeidet Abfälle, senkt die volkswirtschaftlichen Kosten und generiert Mehrwert entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Mit ihrem Beschaffungsvolumen von jährlich über 40 Milliarden Franken verfügt die öffentliche Hand über enormes Potenzial, die Nachfrage nach kreislauffähigen Produkten und Dienstleistungen zu steigern. Auf Einladung der Stiftung Pusch diskutierten am Dienstag rund hundert Beschaffungsverantwortliche von Bund, Kantonen und Gemeinden, wie sie im Rahmen öffentlicher Beschaffungsverfahren und in Zusammenarbeit mit den Anbietern die Kreislaufwirtschaft fördern können.
Lebenszykluskosten und Ökobilanzbetrachtungen
Aus Sicht des Bundes ist Kreislaufwirtschaft eine wichtige Stossrichtung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. «Die Beschaffung von nachhaltigen, kreislauffähigen Produkten hat viele Vorteile», betont Josef Känzig, Leiter der Sektion Konsum und Produkte beim Bundesamt für Umwelt (Bafu). «Umweltbelastung und externe Kosten sinken und die Wertschöpfung in der Schweiz steigt.» Wichtig ist aus Sicht von Känzig, dass Beschaffungsentscheide immer die gesamten Lebenszykluskosten betrachten und sich auf Ökobilanzbetrachtungen stützen. Bedürfnisse und Gewohnheiten sind zu hinterfragen, denn bei der Bedarfsdefinition zu Beginn des Beschaffungsprozesses ist die Hebelwirkung für Ressourceneffizienz und Kreislauffähigkeit am grössten. Dabei geht es erst in zweiter Linie um die Schliessung von Materialkreisläufen durch Recycling. An erster Stelle steht die Schliessung von Produktkreisläufen durch Teilen, Reparieren, Wiederverwenden und Wiederaufbereiten.
Ökodesign und neue Geschäftsmodelle
Das stellt erhöhte Anforderungen an die Produkte. Sie müssen verschiedene Ökodesignkriterien erfüllen: Sie sind modular aufgebaut und zerlegbar, haben eine lange Lebensdauer, lassen sich reparieren, ermöglichen eine Kaskadennutzung der eingesetzten Materialien und sind frei von Giftstoffen. Zudem erfordern sie oft neue Geschäftsmodelle, ist Raphael Fasko, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft der Rytec AG, überzeugt: «Die Beschaffung von kreislauffähigen Gütern und Dienstleistungen kann in Kombination mit Modellen wie Miete oder As-a-Service neben ökologischem Mehrwert auch zu tieferen Nutzungskosten führen.» Der Kunde kauft nicht mehr das Produkt, sondern die Dienstleistung: Mobilität am richtigen Ort und zur gewünschten Zeit statt Fahrzeuge, Licht in der erforderlichen Helligkeit und Dauer statt Beleuchtungskörper. Für die Kunden können die Kosten für solche Dienstleistungen tiefer liegen als die gesamten Kosten für Anschaffung, Betrieb und Unterhalt. Für die Anbietenden ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, entlang der Wertschöpfungskette zusätzlichen Mehrwert zu generieren. Zudem bleiben die Produkte und Materialien in der Hand der Anbietenden, und ihr Interesse, ein ressourceneffizientes, qualitativ hochwertiges und langlebiges Produkt zu liefern, steigt.
Angebot und Nachfrage
Noch ist der Markt für solche Modelle in der Schweiz klein. Beschaffende haben es in der Hand, entsprechende Anforderungen zu stellen und gemeinsam mit den Herstellern neue Lösungen zu entwickeln. Darauf setzt auch die Europäische Union EU, deren erster Aktionsplan zur Förderung der Kreislaufwirtschaft Wirkung zeigt und die öffentliche Beschaffung zum strategischen Hebel erklärt. In den Niederlanden beispielsweise verpflichtet die Verwaltung bei der Beschaffung von Möbeln die Hersteller zur Rücknahme und verlangt eine Verwertungsplanung. Das hat in der Branche enorme Bewegungen in Richtung Kreislaufwirtschaft ausgelöst.
Auch in der Schweiz verlangen verschiedene politische Vorstösse die Förderung der Kreislaufwirtschaft und den Abbau von Hemmnissen. Mit der Zustimmung des Parlaments zum revidierten Beschaffungsrecht, das Nachhaltigkeit verbindlich in den Fokus rückt, ist eine wichtige Hürde geschafft. Des Weiteren engagieren sich zahlreiche Initiativen auf verschiedenen Ebenen für eine wirksame Förderung der Kreislaufwirtschaft. So haben sich die Städte Basel, Bern, Lausanne und Zürich zu Circulare Cities Switzerland zusammengeschlossen. Ihre Vision ist die Unterstützung bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und die Förderung des Austauschs zwischen Akteuren aus der Kreislaufwirtschaft, um gemeinsam einen Markt für Kreislauflösungen zu schaffen. Und die Stiftung Pusch bringt mit ihrem Projekt «Make Furniture Circulare» Designer, Produzenten und Beschaffende zusammen, um der Kreislaufwirtschaft in der Möbelbranche zum Durchbruch zu verhelfen.
Kontakt: Felix Meier, Geschäftleiter Pusch, Telefon +41 79 631 29 07, medien@pusch.ch
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