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Chancen für KMU in der Kreislaufwirtschaft

Simone Hochstrasser
Eine Frau  entsorgt einen Kunststoffsammelsack in einer kommunalen Sammelstelle.

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5 Minuten Lesezeit

Kreislaufwirtschaft

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In einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft können Unternehmen durch Ressourcenschonung, Wiederverwendung und Recycling nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile nutzen. Zum Beispiel mit Kunststoff. Er ist in vielen Produktionsbetrieben ein unverzichtbarer Rohstoff, allerdings fossilen Ursprungs und mit hohen CO2-Emissionen.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen zunehmend unter Druck, umweltfreundliche Strategien zu verfolgen, sei es durch gesetzliche Vorgaben oder durch die steigende Erwartung von Kund:innen und Geschäftspartner:innen. Vor allem in den Ansätzen der Abfallvermeidung ergeben sich zunehmend Chancen, sich zu einem Kreislaufwirtschafts-Unternehmen zu entwickeln und als solches zu positionieren. Dies zeigt eine aktuelle Studie von Spherical Insights & Consulting, die voraussagt, dass sich die globale Kreislaufwirtschaft bis 2033 verdreifachen wird. Europa wird den Studienergebnissen zufolge nach Asien den grössten Anteil am Kreislaufmarkt haben. 

Nachhaltigkeitsstrategie mit Kunststoff

Durch die Einführung von kreislaufwirtschaftlichen Ansätzen können KMU ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, Kosten sparen und gleichzeitig die Umweltbelastung reduzieren. Ein zentrales Prinzip der Kreislaufwirtschaft ist die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten durch verschiedene Prozesse wie Wiederverwendung (Reuse), Reparatur (Repair) und Recycling (siehe auch Artikel «Kreislaufwirtschaft – einfach erklärt»). Der Umgang mit Kunststoff bietet KMU eine gute Möglichkeit, ihre Nachhaltigkeitsstrategie zu erweitern und Rohstoffe effizienter zu nutzen.

Viele Wege führen in die Kreislaufwirtschaft

Der effiziente und nachhaltige Umgang mit Rohstoffen ist für Unternehmen ein wichtiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung. Verschiedene Ansätze können bereits viel bewirken.

  • Verwendung von recycelten Materialien beim Produktdesign: Rezyklate können viele Funktionen von Primärrohstoffen übernehmen. Mehrweg-Konzepte können ein weiterer Ansatz sein.

  • Produktionsabfälle minimieren: Produktionsprozesse optimieren, um Abfälle zu reduzieren. Diese in den eigenen Kreislauf zurückführen oder an spezialisierte Recyclingunternehmen abgeben.

  • Innovationen beobachten: Informiert bleiben, um alternative Materialien zu finden, die recycelbar oder biologisch abbaubar sind – und den technologischen Fortschritt beispielsweise im Kunststoffrecycling hinsichtlich Aufbereitung von komplexen Kunststoffmischungen beobachten.

  • Lieferkettenoptimierung: Auf nachhaltigere Lieferanten umstellen, die beispielsweise zertifizierte Kunststoffe verwenden.

  • Rücknahmesysteme und Reparaturdienste: Kund:innen einen Reparaturservice anbieten, um die Lebensdauer der Produkte zu verlängern. Rücknahmesysteme für gebrauchte Produkte, um wertvolle Materialien wieder in den Produktionskreislauf zu integrieren.

  • Transparenz und Nachverfolgbarkeit: Offizielle Dokumentations- und Nachweissysteme unterstreichen glaubwürdig das Engagement, beispielsweise transparente Recyclingprozesse oder in den Kreislauf überführte Mengen und Gewinnung an recycelten Materialien.

  • Sensibilisierung und Weiterbildung: Mitarbeitende für den bewussten Umgang mit Kunststoff und Abfall sensibilisieren. Praxisnahe Unterstützung bietet die Plattform Plastikwegweiser.

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Best Practice: Kunststoff-Recycling in der Schweiz

Ein Beispiel für erfolgreiches Kunststoffrecycling bietet das Recyclingsystem für Haushaltskunststoff-Verpackungen. Jedes Jahr veröffentlicht der Verband Schweizer Plastic Recycler einen Monitoringbericht zur ökologischen Leistung seiner neun zertifizierten Sammelsystem-Anbietenden (siehe Box). Dabei liegt der Fokus auf der Transparenz und Nachverfolgbarkeit der gesammelten und verwerteten Kunststoffabfälle. Zu diesem Zweck müssen diese Kunststoffsammler Mindestanforderungen erfüllen und jedes Jahr die Materialströme detailliert dokumentieren – dafür erhalten sie nach Überprüfung ein Zertifikat. Solche Nachweissysteme sind wichtige Bestandteile der Kreislaufwirtschaft und stehen für Transparenz und Glaubwürdigkeit.

Über die Hälfte des Kunststoffabfalls wiederverwertet

Im Jahr 2023 sammelten die zertifizierten Schweizer Kunststoffsammlerbetriebe gemäss dem Monitoringbericht (PDF) 10'200 Tonnen gemischte Kunststoffabfälle, wodurch 28'866 Tonnen CO₂ eingespart werden konnten. Über 900 Gemeinden sind einer dieser zertifizierten Sammlung von gemischten Kunststoffabfällen angeschlossen. Das sind 43 Prozent aller Gemeinden in der Schweiz und Liechtenstein. Der Anteil der Sammelmenge, der als Rezyklat wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden kann, beträgt 54,6 Prozent.

Mit diesem standardisierten System im Bereich Kunststoff werden Grundlagen geschaffen, mit denen KMU konkret ihre Produkte und Dienstleistungen in die Kreislaufwirtschaft überführen können: Sie gestalten ihre Produkte so, dass sie nach Gebrauch beispielsweise dem Recycling und der Wiederverwendung zugeführt werden können oder sie setzen Kunststoff-Rezyklate in ihren Produkten ein.

KMU, die in der Schweiz oder im EU-Raum tätig sind, müssen sich auf neue Regulierungen einstellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Kreislaufwirtschaft als Chance nutzen

Für KMU bietet der Übergang zur Kreislaufwirtschaft nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile. Durch die Optimierung von Produktdesign, Lieferketten und Recyclingprozessen können sie langfristig Kosten senken und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Der Circularity Check der ETH Zürich und der Berner Fachhochschule stellen konkrete Handlungsempfehlungen und Instrumente für Unternehmen bereit. Zudem können Kooperationen mit Netzwerken oder Brancheninitiativen, wie zum Beispiel dem Verband Schweizer Plastic Recycler (VSPR), RecyPac oder CES City Circles, eine Möglichkeit sein, sich auszutauschen und sich inspirieren zu lassen.

Es ist jedoch entscheidend, sich frühzeitig auf regulatorische Veränderungen national und international einzustellen und transparente Nachweissysteme zu implementieren. Programme zur Unterstützung von Recycling- und Kreislaufwirtschaftsprojekten schaffen Starthilfe.

Regulatorische Rahmenbedingungen: Was KMU beachten müssen

Die EU setzt zunehmend auf verbindliche Vorgaben zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Die Ökodesign-Verordnung, die dieses Jahr in Kraft getreten ist, ist ein prominentes Beispiel: Sie fordert von Unternehmen, ihre Produkte langlebiger und reparierbarer zu gestalten, um Abfall zu minimieren. Für Schweizer KMU bedeutet dies, dass Produkte, die in die EU exportiert werden, den strengen Anforderungen entsprechen müssen. Ab 2026 wird etwa das Vernichten unverkaufter Kleidung und Schuhe verboten.

In der Schweiz wird dieses Thema ebenfalls ernst genommen (siehe auch das Interview «Die Spielregeln des Wettbewerbs werden neu definiert» zu den aktuellen Standards ). Bereits heute gelten für viele Produkte spezifische Recycling- und Designanforderungen. KMU, die in der Schweiz oder im EU-Raum tätig sind, müssen sich auf neue Regulierungen einstellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Chance zu ergreifen, heisst aber, gut informiert zu sein, Kreislaufwirtschaft für das eigene Unternehmen zu prüfen und sich zu vernetzen.


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