Mauersegler schützen: So gelingt der Artenschutz bei Bauprojekten

Mauersegler leben unauffällig in Dachvorsprüngen, Storenkästen oder kleinen Fassadenöffnungen. Bei Renovationen gehen ihre Nistplätze oft verloren – doch mit gezielten Massnahmen lassen sich Brutplätze erhalten, ersetzen oder sogar erweitern. Gemeinden, Fachleute und Privatpersonen können so aktiv zum Schutz der Tiere beitragen.
Pflanzen, Vögel, Insekten und andere Tiere tragen viel zu unserem Wohlbefinden bei. Besonders Mauersegler beleben mit ihren eleganten Flügen und Rufen den Sommerhimmel über Terrassen und Quartieren. Sie sind treue Bewohner unserer Dörfer und Städte: Ende April erscheinen sie plötzlich und verschwinden ebenso abrupt Ende Juli wieder. Tag für Tag fliegen sie durch dieselben Strassen, streifen Dächer und Fassaden und erfüllen die Luft mit ihren unverwechselbaren Rufen. Allgegenwärtig und doch kaum greifbar: Nur wenige wissen, wo sie ihre Nester verborgen haben.
In den meisten Fällen ahnen Gebäudeeigentümer gar nicht, dass ihr Haus von einem oder mehreren Mauerseglerpaaren bewohnt wird.
Ein gut verstecktes Zuhause
Die wendigen Flugakrobaten kommen in unsere Städte und Dörfer, um sich fortzupflanzen. Während ihres Aufenthalts legen sie ihr sonst vollständig luftgebundenes Leben als Zugvögel für kurze Zeit ab – denn normalerweise fressen, schlafen und pflegen sie sich im Flug.
Jahr für Jahr kehren sie zu derselben Bruthöhle zurück, die ihnen zuverlässig Schutz bietet: unter Dächern, hinter Regenrinnen, in Storenkästen oder kleinen Öffnungen in der Fassade. In einem Wimpernschlag verschwinden sie darin – und kaum jemand bemerkt ihre Anwesenheit. Die meisten Gebäudebesitzer wissen nicht, dass ihr Haus von einem oder mehreren Mauerseglerpaaren bewohnt wird.
Mauersegler nutzen enge Spalten und kleine Öffnungen, um darin ihre Nester zu bauen. Bild: Bertrand Posse
Opfer ihrer eigenen Unauffälligkeit
Mauersegler sind stille Gebäudebewohner – und werden genau deshalb oft übersehen. Bei Unterhalts- oder Renovationsarbeiten gehen ihre Nistplätze nicht selten verloren oder werden unbewusst verschlossen. Obwohl diese Arbeiten notwendig sind, führen sie mangels Wissens, und trotz klarer gesetzlicher Vorgaben zum Schutz der Brutstätten, immer wieder zur Zerstörung von Nistplätzen. Der Verlust solcher Lebensräume hat vielerorts ganze Kolonien verschwinden lassen.
Bauarbeiten und Artenschutz schliessen sich nicht aus: Bestehende Nistplätze können erhalten, ersetzt oder sogar erweitert werden.
Dabei schliessen sich Bauarbeiten und Artenschutz keineswegs aus: Bestehende Nistplätze können erhalten, ersetzt oder sogar erweitert werden. Eine fachliche Begleitung hilft, die Erfolgschancen zu erhöhen und sinnvolle Lösungen zu finden. So haben Kantone, Gemeinden, Unternehmen, Verwaltungen und Private die Möglichkeit, mit geringem Aufwand zum Erhalt der Mauersegler beizutragen – und mit gutem Beispiel voranzugehen. Ein gut durchdachtes Bauprojekt kann sogar zur Chance werden: Selbst Gebäude, in denen bisher keine Mauersegler leben, lassen sich mit einfachen Massnahmen für sie öffnen.
Seit 2020 setzte die Vogelwarte zahlreiche Massnahmen in Zusammenarbeit mit Walliser Gemeinden um.
Massnahmen gegen Stadttauben können auch den Mauerseglern zugutekommen. In diesem Fall wurde ein alter Taubensitz mit Holz verkleidet und so in einen Nistkasten für Mauersegler umgewandelt. Collombey VS, Oktober 2021. Bild: Bertrand Posse
Erkennen, um zu bewahren
In den letzten Jahren hat die Schweizerische Vogelwarte eine Methode entwickelt, um Gebäude mit Mauersegler-Vorkommen gezielt zu erkennen. Mit Unterstützung von Kantonen und Gemeinden koordiniert sie Bestandsaufnahmen, die ein repräsentatives Bild über Verbreitung und Häufigkeit der Mauersegler liefern. Die betroffenen Gemeinden erhalten die Ergebnisse – eine wichtige Grundlage, um Brutplätze zu schützen, wenn Bau- oder Renovationsarbeiten anstehen.
So auch im Wallis: Seit 2019 werden dort auf Initiative der Vogelwarte Erhebungen in mehreren Gemeinden durchgeführt. Seit 2023 arbeiten zudem die regionalen Naturpärke des Kantons mit. Sie übernehmen die Rolle der Vermittler, übersetzen die Ergebnisse der Inventare und Empfehlungen in konkrete Massnahmen vor Ort – und tragen so dazu bei, dass der Schutz der Mauersegler zunehmend Teil der kommunalen Planung wird.
Schutz durch Wissen
Die Vogelwarte-Broschüre zeigt praxisnahe Lösungen, wie Nistplätze bei Bauarbeiten erhalten oder neu geschaffen werden können. Sie richtet sich an Architekt:innen, Baufachleute, Immobilienverwaltungen, Gebäudeeigentümer:innen, Behörden sowie an alle, die sich für den Schutz von Natur und Vögeln engagieren.
Die Erhebungen zu Mauerseglern werden oft gemeinsam mit jenen zu Schwalben durchgeführt, die fast ausschliesslich an Gebäuden nisten. Die Ergebnisse – nach Arten getrennt – sind online einsehbar. Die Karten werden laufend mit neuen Beobachtungen ergänzt und regelmässig aktualisiert.
Weitere Informationen dazu, wie Gebäudebrüter trotz Renovationsarbeiten geschützt werden können, finden Sie im Artikel «Gebäude vogel- und fledermausfreundlich sanieren».
Jetzt handeln!
Die aussergewöhnliche Lebensweise der Mauersegler fasziniert und verdient Bewunderung. Seit mehreren Jahrzehnten engagieren sich begeisterte Vogelfreund:innen, montieren Nistkästen und schaffen damit wertvolle Brutplätze. Dank ihres Einsatzes konnten die Bestände in vielen Regionen erhalten oder sogar vergrössert werden.
Doch um den Mauerseglern langfristig zu helfen, reicht lokales Engagement allein nicht aus. Es braucht gemeinsames Handeln, mehr Bewusstsein und die Bereitschaft, ihre Bedürfnisse frühzeitig in Bau- und Sanierungsprojekte einzubeziehen. So können Gemeinden, Fachleute und Privatpersonen gemeinsam dazu beitragen, dass die Mauersegler auch künftig den Sommerhimmel über unseren Dächern beleben.
Titelbild: M. Burkhardt
