Klimakommunikation – das A und O für Netto-Null
Wie können Gemeinden ihre Einwohner:innen für die Klimaziele begeistern und mobilisieren? Eine Pusch-Umfrage bei Gemeindevertreter:innen zeigt Chancen und Herausforderungen. Unabdingbar ist eine breit aufgestellte Kommunikation, die unterschiedliche Bevölkerungsgruppen erreicht. Unser Experte für Klimakommunikation zeigt, wie das gelingen kann.
Die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 auf netto null zu senken, das ist das erklärte Ziel. Mit «business as usual» erreichen wir dieses Ziel aber nicht annährend. Auf dem Weg zu Netto-Null braucht es uns alle – von der Politik und Verwaltung über die Wirtschaft bis hin zur Bevölkerung. Das erkennen auch immer mehr Gemeinden: Sie möchten ihre Bevölkerung und lokale Akteur:innen vermehrt einbeziehen und motivieren, einen eigenen Beitrag für das Klima zu leisten.
Umfrage-Ergebnisse: Wo stehen die Gemeinden?
So individuell wie die Schweizer Gemeinden sind, so verschieden sind ihre Bestrebungen für eine klimafreundliche Zukunft und die Art und Weise, wie sie ihre Einwohner:innen einbeziehen. Wir wollten es genauer wissen: Was verbindet sie, wo stehen sie und worüber stolpern sie?
Viele Gemeinden verstehen sich als Vorbild. Häufig fehlen jedoch Ideen, Zeit und Geld, um Private wirkungsvoll für die Klimaziele zu motivieren.
Über 150 Gemeindevertreter:innen haben im Frühjahr 2023 bei einer Umfrage von Pusch mitgemacht und uns spannende Einblicke in die Aktivitäten ihrer Gemeinde gewährt.
Die Ergebnisse zeigen, dass...
sich viele Gemeinden als Vorbild verstehen.
die Motivation gross ist, die Einwohner:innen verstärkt in die kommunalen Netto-Null-Ziele einzubeziehen.
Zeit und Geld häufig fehlen, um die Bevölkerung wirkungsvoll mitzunehmen – insbesondere in kleineren Gemeinden.
sich viele Gemeinden mehr Erfahrungen und Ideen wünschten, um die Mitwirkung voranzutreiben.
Tagung: Mit Partizipation zur klimafreundlichen Zukunft
Die diesjährige Tagung von Pusch und dem Trägerverein Energiestadt am 28. November 2024 steht unter dem Motto «Mit Partizipation zur klimafreundlichen Zukunft». Die Referent:innen zeigen anhand von praktischen Beispielen, welche Ansätze und Instrumente sich bewähren, um Netto-Null gemeinsam mit der Bevölkerung zu erreichen – von Bürgerpanels, über partizipative Budgets bis hin zu Speed-Dating für Gebäudesanierungen.
Ohne Kommunikation kein Dialog
Was braucht es also, um den Kampf gegen die Klimaerwärmung partizipativ zu gestalten? «Kommunikation ist das A und O: Nur mit einer divers gestalteten Gemeinde-Kommunikation ist der Dialog mit der Bevölkerung überhaupt möglich», betont Remo Bräuchi, Projektleiter Umweltkommunikation und Partizipation bei Pusch.
In einem ersten Schritt gilt es also, die bestehende Öffentlichkeitsarbeit zu analysieren und zu verbessern. «Ein guter Draht zu den Einwohner:innen ist die Grundvoraussetzung, um mit ihnen aufwendigere Aktionen und Projekte anzupacken.»
«Die Kommunikation gehört in jedes Leitbild.»
– Remo Bräuchi, Projektleiter Umweltkommunikation und Partizipation, Pusch
Die wichtigsten Fragen beim Aufbau der Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation:
Welche Kommunikationskanäle nutzt die Gemeinde aktuell, um die Bevölkerung anzusprechen (Social Media, Website, Newsletter, Gemeindeblatt, etc.)?
Welche Bevölkerungsgruppen erreicht sie über die bestehenden Kanäle – und welche nicht?
Welche neuen Kanäle könnten sich eignen, um mehr Einwohner:innen zu erreichen?
Lassen sich die Kommunikationsaufgaben auf mehreren Schultern verteilen, um Kapazitätsengpässen zu begegnen? Gibt es beispielsweise digital affine Praktikant:innen oder Lernende, die beim Bewirtschaften der Social-Media-Kanäle oder bei der Content-Erstellung unterstützen könnten?
Welche Plattformen eignen sich eher für Dialog/Austausch, welche in erster Linie zur Informationsvermittlung?
Lässt sich Klimakommunikation in Strategien, Leitbildern oder Massnahmenplänen langfristig verankern?
Werden aktuell klimarelevante Projekte oder Massnahmen umgesetzt, mit denen die Gemeinde ihre Vorbild-Funktion präsentieren kann?
Sind Projekte mit Potenzial für mehr Mitwirkung von Privaten in Planung?
«Im Austausch mit Gemeinden sehe ich immer wieder spannende Anknüpfungspunkte, um die Klimakommunikation und Mitwirkungsprozesse einzubringen und zu verankern», berichtet Bräuchi. Dies sei insbesondere der Fall, wenn Leitbilder oder Klimastrategien entstehen oder überarbeitet werden. «Die Kommunikation gehört in jedes Leitbild.» Aber auch die (Re-)Zertifizierung des Energiestadt-Labels sei ein guter Moment, um kommunikative und partizipative Massnahmen für die nächsten vier Jahre verbindlich zu definieren und anzupacken.
Toolbox Netto-Null: Von anderen Gemeinden lernen
Viele Umfrageteilnehmende wünschen sich Ideen, wie sie Private stärker einbeziehen können. In einem eigenen Kapitel zur Mitwirkung fasst die Toolbox Netto-Null von Pusch deshalb spannende Ansätze zusammen, zeigt gute Beispiele aus anderen Gemeinden und Kantonen und liefert Tipps und Tricks für die eigene Öffentlichkeitsarbeit.
Weitere Inspiration und Angebote finden Sie ausserdem unter www.pusch.ch/umweltkommunikation.
Pilotprojekt für mehr Partizipation
2024 legt Pusch einen Schwerpunkt auf die Partizipation für eine klimafreundliche Zukunft – damit immer mehr Gemeinden in ihren Netto-Null-Bestrebungen auf die Rückendeckung und Mitwirkung ihrer Einwohner:innen zählen können. Ein Pfeiler des Themenschwerpunkts ist das Pilotprojekt «Netto-Null gemeinsam mit der Bevölkerung» mit vier ausgewählten Pilotgemeinden: Affoltern am Albis (ZH), Diepoldsau (SG), Oensingen (SO) und Regensdorf (ZH).
Remo Bräuchi und das Projektteam setzen mit den Pilotgemeinden dort an, wo sie individuell Unterstützung benötigen, und entwickeln mit ihnen auf sie zugeschnittene Aktionen und Massnahmen. In einem zweiten Schritt sollen die Erfahrungswerte aus dem Pilotprojekt einem breiteren Kreis zur Verfügung gestellt werden. «Das grosse Interesse am Projekt zeigt, wie wichtig es ist, die Erfahrungen zu teilen.»
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Weitere spannende Beispiele aus dem Gemeinde-Alltag finden Sie in unserer Praxiskarte. Lassen Sie sich inspirieren – vielleicht ist ja sogar eine Nachbargemeinde dabei, mit der Sie sich austauschen könnten.