Die Tomate im Umwelt-Check

Wer vor dem Gemüseregal steht, hat meist die Wahl zwischen Tomaten unterschiedlicher Herkunft. Aber welche sind die umweltfreundlichsten? Die weit angereisten aus Spanien oder die in der Schweiz produzierten aus dem Gewächshaus?
Tomaten gibt es heutzutage zu jeder Jahreszeit – zumindest im Gemüseregal. Auf dem Feld sieht das Ganze etwas anders aus. Damit wir jederzeit Tomaten einkaufen können, müssen viele davon weit anreisen. Aber wie umweltschädlich ist der Transport wirklich? Und ist regional immer besser als importiert?
Ganz so einfach lassen sich diese Fragen leider nicht beantworten, denn die Berechnung von Umweltauswirkungen ist eine komplexe Sache (siehe Video und Artikel «Was ist eine Ökobilanz?»). Beim Tomatenkauf – wie bei allem Obst und Gemüse – spielt unter anderem der Zeitpunkt des Einkaufs eine grosse Rolle.
Quizfrage
Zur Veranschaulichung stellen wir uns vor: Es ist Juni, wenn wir vor dem Gemüseregal stehen. Sind die Tomaten aus der Schweiz oder Spanien die umweltfreundlichere Wahl?
Antwort 1: Die spanischen Tomaten belasten die Umwelt weniger, da zwar ein weiter Transportweg anfällt, die Gewächshäuser in Spanien jedoch nicht beheizt werden.
Antwort 2: Schweizer Tomaten sind generell ökologisch nachhaltiger, egal zu welcher Jahreszeit, da lediglich ein kurzer Transportweg anfällt und dieser in der Ökobilanz schwer ins Gewicht fällt.
Was denken Sie?
Wie umweltbelastend ist welche Anbauart?
Die untenstehende Abbildung zeigt die Umweltbelastung aus fünf verschiedenen Anbauarten:
Mit Erdöl beheizte Gewächshaus-Tomaten aus der Schweiz zu zwei verschiedenen Zeitpunkten im Jahr
Mit Abwärme beheizte Gewächshaus-Tomaten
Spanische Tomaten aus dem Folientunnel
Schweizer Tomaten aus dem Folientunnel

Fünf verschiedene Anbauarten von Tomaten im Vergleich.
Die Resultate stammen aus einer vergleichenden Ökobilanzstudie von Carbotech (publiziert im Magazin «die umwelt» 1/2022, S. 41). Die Umweltbelastungspunkte (siehe Box) werden pro Kilogramm frische Tomaten angegeben.
Was sind Umweltbelastungspunkte?
Die Methode der ökologischen Knappheit berechnet die Umweltbelastung eines Produkts oder einer Aktivität, indem verschiedene Faktoren wie der Ressourcenverbrauch, Emissionen in die Luft, den Boden und das Wasser sowie der entstehende Abfall berücksichtigt werden. Die potenziellen Umweltauswirkungen für alle diese Faktoren werden berechnet und gemäss den aktuellen politischen Zielen in der Schweiz gewichtet. Die Masseinheit, mit der die Auswirkungen beziffert werden, sind die sogenannten Umweltbelastungspunkte (UBP). Je höher ein UBP-Wert, desto mehr belastet das Produkt oder die Aktivität die Umwelt. Mehr zu dieser Methode erfahren Sie im Artikel «Was ist eigentlich Umweltverschmutzung und wie wird sie gemessen?».
Herkunft und Jahreszeit sind entscheidend
Die Umweltbelastung von Tomaten unterscheidet sich je nach Herkunft und Saison:
Im Frühjahr dominieren Schweizer Tomaten aus beheizten Gewächshäusern den Markt. Doch hier ist Vorsicht geboten: Wenn diese Gewächshäuser mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, weisen die Tomaten eine umweltbelastende Bilanz auf, die mehr als doppelt so hoch sein kann wie die von spanischen Tomaten.
Eine interessante Alternative sind Tomaten aus einem Gewächshaus, das mit Abwärme von Industrie- oder Kehrrichtverbrennungsanlagen beheizt wird. In diesem Fall sind die Umweltauswirkungen der Schweizer Tomaten fast auf dem gleichen Niveau wie die der saisonalen Tomaten im Sommer.
Bei den spanischen Tomaten ist vor allem der lange Transportweg eine grosse Umweltbelastung.
Ausserhalb der Schweizer Tomatensaison müssen verschiedene Faktoren wie die Transportdistanz und die Art der Gewächshausbeheizung beachtet werden. Da beim Einkauf die Angaben zur Gewächshausbeheizung der Tomaten meistens fehlen, ist es schwierig, eine informierte Entscheidung zu treffen. Wichtig ist aber:
Lokal ist nicht immer am umweltfreundlichsten.
Nur weil Tomaten in der Nähe wachsen, ist ihre Umweltbelastung nicht zwangsläufig tiefer. Der sicherste Weg, um Tomaten mit einer tiefen Umweltbelastung zu kaufen, ist der lokale Kauf während der Saison von ca. Juli bis Oktober.
Ökologische Nachhaltigkeit
Bei der Ökobilanz geht es – wie der Name vermuten lässt – um die ökologischen Auswirkungen über den Lebenszyklus eines Produkts hinweg. Soziale Aspekte und andere Dimensionen der Nachhaltigkeit fliessen nicht in die Beurteilung ein.
Antwort auf die Quizfrage
Damit lässt sich auch die Ausgangsfrage beantworten: Die Antwortoption 1 ist richtig. Im Juni belasten die spanischen Tomaten die Umwelt weniger, da zwar ein weiterer Transportweg anfällt, jedoch die Gewächshäuser in Spanien nicht beheizt werden.
Die Ökobilanz-Daten in diesem Artikel stammen aus einer Ökobilanzstudie von Carbotech, die im Magazin «die umwelt» 1/2022 (S. 41) veröffentlicht wurde.