5 Tipps: Kritisches Denken üben im Klassenzimmer

Ob am Anfang der Stunde, zur Auflockerung oder als Denkpause zwischendurch: Diese Mini-Übungen bringen Schwung ins Denken. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) fördert gezielt kritisches Denken – es hilft Lernenden, Zusammenhänge zu verstehen, eigene Standpunkte zu entwickeln und verantwortungsvoll zu handeln.
Die folgenden Übungen dauern je 5 bis 15 Minuten, sind sofort umsetzbar und brauchen kein oder nur wenig Material. Ideal für den schnellen Einsatz in Zyklus 1 bis 3. Alle Übungen können auch zu einer vollen BNE-Lektion ausgebaut werden. In diesem Fall erhalten die Schüler:innen mehr Zeit für die Überlegungen und für den Austausch.
Zyklus 1: Wahrheit oder Lüge?
Ziel: Kinder lernen, Aussagen zu hinterfragen und Beweise zu fordern.
Material: -
Sozialform: In Kleingruppen (3–4 Schüler:innen)
So geht's:
Die Lehrperson macht eine Aussage aus dem Umweltbereich.
Die Schüler:innen diskutieren miteinander und geben Gründe an, warum die Aussage wahr oder falsch ist.
In der Klasse wird besprochen, welche Fakten noch fehlen, damit eine klare Antwort gegeben werden kann. Wer könnte Auskunft geben?
Die Lösung wird aufgedeckt – oder optional besprochen, wie die Klasse die nötige Auskunft erhält.
Beispiel-Aussagen
«Aus alten Glasflaschen können neue Glasflaschen gemacht werden.»
(Übrigens wahr. Glas lässt sich sehr gut recyceln.)
«Bienen sind wichtig für unsere Nahrung.»
(Übrigens wahr. Bienen bestäuben Pflanzen, damit Obst und Gemüse wachsen kann.)
«Regenwürmer sind Ungeziefer und schlecht für die Erde.»
(Übrigens falsch. Regenwürmer sind gut für den Boden – sie machen ihn locker und fruchtbar.)
Zyklus 2: Was wäre, wenn… ?
Ziel: Die Kinder lernen, sich in eine Situation zu versetzen und Hypothesen zu bilden.
Material: Vorbereitete Kärtchen
Sozialform: In Kleingruppen (4–5 Schüler:innen)
So geht’s:
Die Lehrperson überreicht jeder Gruppe ein Kärtchen mit einer hypothetischen Frage.
In der Kleingruppe überlegen die Schüler:innen, wie sich ihr Schulalltag, ihr Zuhause und ihre Kommunikation verändern würde.
Jede Gruppe präsentiert eine überraschende oder kreative Idee im Plenum, wie sie damit umgehen würden.
Beispiel-Hypothesen
«Was wäre, wenn es keinen Strom gäbe?»
«Was wäre, wenn jeder Mensch nur noch 3 Liter Wasser pro Tag nutzen dürfte?»
«Was wäre, wenn Plastik von heute auf morgen verschwinden würde?»
«Was wäre, wenn es ein Jahr lang nicht regnet?»
«Was wäre, wenn alle Menschen nur noch Dinge benutzen dürften, die man wiederverwenden kann?»
Zyklus 2: Tricks durchschauen
Ziel: Die Schüler:innen lernen, Werbung kritisch anzuschauen und erkennen einfache Tricks, wie die Botschaft funktioniert.
Material: Ein Inserat für ein Produkt auf Instagram, aus der Zeitung oder von Online-News. Tipp: Mögliche Inseraten-Quellen finden sich rasch auf 20 Minuten, Blick oder nau.ch
Sozialform: Zu zweit
So geht’s:
Entweder ist ein Inserat für alle gut sichtbar aufgeschaltet oder eines der hier mit KI generierten Bilder wird verteilt.
Schüler:innen überlegen zu zweit kurz, wie viele und welche Tricks in dieser Werbung verwendet werden, damit jemand davon angesprochen wird.
Blitzlicht im Plenum-Kreis: Nacheinander nennen alle Schüler:innen einen durchschauten Trick («Ein Trick ist, dass… »). Wie viele werden erkannt?

KI-generierte Bilder können helfen, um Werbung kritisch zu diskutieren. Bild: mit KI generiert
Zyklus 3: Zwei Seiten einer Medaille
Ziel: Die Schüler:innen schärfen ihr kritisches Denken, indem sie Argumente zu kontroversen Themen sammeln, bewerten und verschiedene Perspektiven einnehmen.
Material: Tafel/A3-Blatt für Argumente
Sozialform: Gruppenarbeit (2 Gruppen)
So geht's:
Die Lehrperson gibt eine kontroverse Aussage vor.
Eine Gruppe sind die Befürworter:innen, die andere die Gegner:innen.
Die Gruppen sammeln und notieren ihre Argumente.
Kurze Diskussion im Plenum der beiden Gruppen mit Wechsel der Perspektiven.
Beispiele kontroverser Themen
«Unser Wald wird abgeholzt, dafür Windräder aufgestellt für saubere Energie.»
«Flugreisen sollten für alle unter 18 Jahren verboten sein.»
«Fleisch darf nur noch einmal pro Woche auf den Teller.»
«Plastikspielzeuge für Kinder bis 16 Jahre sollen komplett abgeschafft werden.»
«Die Schule darf nichts mehr drucken – der ganze Unterricht ist papierlos.»
«Bäuer:innen sollen für jeden Quadratmeter Land eine Biodiversitätsgebühr bezahlen. Damit werden weitere Naturflächen geschaffen.»
Zyklus 3: Ist das gerecht? – Ein Gedankenexperiment
Ziel: Die Schüler:innen trainieren ihr kritisches Denken, indem sie verschiedene Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln analysieren und begründet Stellung beziehen.
Material: -
Sozialform: In Kleingruppen (4–5 Schüler:innen)
So geht's:
Die Lehrperson stellt ein Dilemma vor (siehe Beispiele).
In Kleingruppen diskutieren die Schüler:innen: Was ist an dieser Situation (un)gerecht? Welche Werte oder Interessen stehen im Konflikt? Wer profitiert, wer leidet? Welche Lösung schlagen wir vor? Was könnten wir verbessern?
Jede Gruppe präsentiert ihr Fazit und begründet ihre Sichtweise.
Im Plenum wird diskutiert, ob im eigenen Schulhaus etwas gemacht werden kann.
Beispiele verschiedener Situationen
«Eine Klasse gewinnt einen Umweltschutz-Wettbewerb. Soll der Preis geteilt werden, obwohl sich nur drei Schüler:innen aus der Klasse dafür eingesetzt haben?»
«Eine Gemeinde plant eine neue Strasse quer durch ein Naturschutzgebiet – dadurch würde der Schulweg kürzer. Ist das vertretbar?»
«Für eine Projektwoche über Umweltschutz plant die Schule eine Flugreise nach Schweden. Ist das gerechtfertigt?»
«Kinder und Jugendliche sollen abstimmen können, wenn es um den Umweltschutz geht. Denn ihre Zukunft ist vom Abstimmungsergebnis direkt betroffen.»
«Je mehr Menschen, umso mehr verbrauchen wir Ressourcen. Heute verbraucht nur schon allein die Schweiz nahezu 3 Planeten an Ressourcen. Sollten Menschen weniger Kinder bekommen, um die Umwelt weniger zu belasten?»
«Darf man Flugreisen unternehmen, wenn man sich gleichzeitig für den Klimaschutz engagiert?»
«Fleisch belastet die Umwelt. Ist es gerecht, Fleisch stark zu besteuern, um die Umwelt zu schützen – auch wenn sich manche Menschen das dann nicht mehr leisten können?»
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