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Biodiversität
Fachartikel

Mit Wissen zum Handeln: Kommunale Datengrundlagen für die Ökologische Infrastruktur

Lukas Mathys
Zeitreihenanalyse der Grünflächen im Seenland

·

5 Minuten Lesezeit

Biodiversität

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Wissen ist der Grundstein für ein erfolgreiches Management der Ökologischen Infrastruktur. Die Gemeinden verfügen über reichhaltiges lokales Wissen. Wird dieses gezielt mit regionalen Raumdaten und Analysen verknüpft, so gelingt Schritt für Schritt der Aufbau einer intakten Ökologischen Infrastruktur.

Den Gemeinden kommt bei der Umsetzung der Ökologischen Infrastruktur (ÖI) eine Schlüsselrolle zu. Auf Bundesebene werden die strategischen Rahmenbedingungen festgelegt und auf kantonaler Ebene die Fachplanungen durchgeführt. Doch erst auf Gemeindeebene werden die konkreten Massnahmen geplant, umgesetzt und langfristig gesichert. Zudem ist in den Gemeinden viel wertvolles Wissen über die lokale Biodiversität vorhanden.

Die Gemeinden sind somit Managerinnen und Wissensträgerinnen der ÖI. Für die Umsetzung braucht es ein adaptives Management mit entsprechenden Datengrundlagen.

Konsistente Daten bilden die Basis des gesamten ÖI-Management-Kreislaufs

Im Zentrum des adaptiven Managements der ÖI steht ein kontinuierlicher Kreislauf von Planen, Umsetzen, Überwachen, Evaluieren und Lernen. Dieses adaptive Vorgehen stellt sicher, dass die Gemeinden flexibel auf sich verändernde Umweltbedingungen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und sich wandelnde Bedürfnisse der Bevölkerung reagieren können.

Adaptives Management der Ökologischen Infrastruktur umfasst einen Kreislauf aus Planen, Umsetzen, Überwachen. Evaluieren und Lernen.

Adaptives Management der Ökologischen Infrastruktur umfasst einen Kreislauf aus Planen, Umsetzen, Überwachen, Evaluieren und Lernen.

Damit der Managementkreislauf erfolgreich durchlaufen werden kann, müssen die Datengrundlagen präzise auf die Anforderungen der jeweiligen Phase abgestimmt sein und gleichzeitig eine konsistente Basis über alle Phasen hinweg bieten. Die Daten, die der Planung zugrunde liegen, sollen auch in die Umsetzung und Überwachung einfliessen. So wird das ÖI-Management zu einem kontinuierlichen Lern- und Verbesserungsprozess, der sich in den Datengrundlagen widerspiegelt.

Die regionale Perspektive ergänzt das lokale Wissen

Das in den Gemeinden vorhandene Wissen ist als Datengrundlage von unschätzbarem Wert für die erfolgreiche Umsetzung von Massnahmen. Es hilft, die spezifischen Chancen und Herausforderungen vor Ort zu erkennen. Dieses Wissen konzentriert sich häufig auf engagierte Einzelpersonen oder Gruppen und ist punktuell wertvoll, muss aber durch eine regelmässige und flächendeckende Gesamtsicht auf die ÖI begleitet werden. Denn eine resiliente ÖI ist auf die überkommunale Vernetzung angewiesen. Diese regionale Perspektive entsteht durch flächendeckende Kartierungen, Analysen und Modellierungen, die grössere ökologische Zusammenhänge und Vernetzungen sichtbar machen.

Eine ideale Datengrundlage integriert flächendeckende regionale Geodaten mit lokalem Wissen. Diese Kombination ermöglicht es, lokale Massnahmen gezielt in einen grösseren ökologischen Zusammenhang zu stellen und ihre Wirkung regional zu maximieren.

Welche Daten sind nötig?

Ein adaptives Management der ÖI benötigt im Wesentlichen drei Datengrundlagen, um die Phasen des Kreislaufs durchlaufen zu können:

  • Daten zum ökologischen Zustand inklusive Entwicklungspotenzial: Diese Daten beschreiben den aktuellen Ist-Zustand, den möglichen Potenzial-Zustand und den angestrebten Soll-Zustand. Für ein praxisnahes Management kann es sinnvoll sein, statt des maximalen, naturräumlichen Potenzials nur das aufgrund der aktuellen Nutzung realisierbare Potenzial zu berücksichtigen. Der notwendige Detaillierungsgrad variiert je nach Grösse und ökologischer Vielfalt des Gemeindegebietes. Die kantonalen Fachplanungen können hier Hilfestellung geben.

  • Daten zum Infrastrukturmanagement: Sie legen Schwerpunktgebiete und Vernetzungsachsen raumplanerisch fest und helfen, strategische Vorranggebiete und ökologische Korridore zu bestimmen. Sie orientieren sich an der kantonalen Fachplanung. Art und Form dieser Daten werden in der Regel durch die jeweiligen Raumplanungsinstrumente der Gemeinde bestimmt.

  • Daten zu menschlichen Bedürfnissen und Nutzungen: Diese zeigen, wie die Bevölkerung die ökologischen Ressourcen nutzt, und helfen, mögliche Konflikte oder Synergien zwischen menschlichen Aktivitäten und ökologischen Zielen zu erkennen.

Entlang des Managementkreislaufs werden diese Datengrundlagen in jeder Phase aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Eine klare Trennung und Unabhängigkeit der drei Datengrundlagen zu den ökologischen Ressourcen, dem Infrastrukturmanagement und der Nutzung sind daher entscheidend für die Entwicklung verschiedener Szenarien und die langfristige Sicherung der ÖI.

Wie müssen ökologische Daten beschaffen sein, damit sie hilfreich sind?

Die ÖI ist Lebensgrundlage und betrifft damit die Menschen unmittelbar. Ökologische Daten müssen deshalb so aufbereitet sein, dass die Bevölkerung sie verstehen und nutzen kann. Entscheidend ist also nicht nur, welche Daten es gibt, sondern wie sie zugänglich und verständlich aufbereitet sind. Hilfreiche Datengrundlagen zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:

  • Aktuell, aktualisierbar und flächendeckend: Daten können regelmässig und möglichst automatisiert über das gesamte Gemeindegebiet nachgeführt werden.

  • Räumlich kohärent: Kommunale Daten ergänzen die kantonalen und nationalen Daten, um eine nahtlose Integration und Abstimmung zu gewährleisten.

  • Gilden- und skalenspezifisch: Biodiversität bedeutet Vielfalt. Und diese muss mit Daten abgebildet werden. Arten mit ähnlichen Bedürfnissen können zu handhabbaren Gilden zusammengefasst werden. In jedem Fall sind die spezifischen räumlichen und zeitlichen Skalen zu berücksichtigen.

  • Genau und präzise: Daten müssen zuverlässig und frei von Fehlinterpretationen sein. Sie sollten potenziell falsche Annahmen vermeiden und sicherstellen, dass keine wichtigen Zusammenhänge übersehen werden.

Kurzum, die Daten sollen verschiedene Handlungsoptionen ermöglichen, fundierte Entscheidungen garantieren und eine rasche praktische Umsetzung ermöglichen.

Schritt für Schritt zu einem datenbasierten ÖI-Management

Das adaptive Management der ÖI zeichnet sich durch einen kontinuierlichen Kreislauf aus. Lokales Wissen wird systematisch in flächendeckende Erhebungen integriert, um ein umfassendes Bild der ökologischen Verhältnisse zu erhalten und Zusammenhänge sichtbar zu machen. Regionale Geodaten, Analysen und Modellierungen ergänzen regelmässig und flächendeckend, so dass ein ständiges Wechselspiel entsteht. Jeder Durchlauf verbessert die Datengrundlage und fördert ein tieferes Verständnis der ökologischen Zusammenhänge.

So entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf, der zu immer besseren Datengrundlagen und damit zu einer effektiveren Pflege und Weiterentwicklung der Ökologischen Infrastruktur führt.

Titelbild: Zeitreihenanalyse des Seelandes, erstellt von Nategra. Enthält modifizierte Copernicus Sentinel Satellitendaten (2021).


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